Volltext: Geschichte der Civilisation in England (Bd. 1, Abth. 2)

Frühere Ursachen der Franz. Revolution. 
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willen erfüllt, als sie sahen, dass diejenigen, welche eine unbe- 
schränkte Macht über die Gewissen usurpirt hatten, selbst gar kein 
GeWiSS-ell bßSeSSen. Es ist offenbar, jeder Grund gegen geistliche 
Gewalt, den sie von England entlehnten, musste nur um so viel 
111611? Kraft gewinnen, wenn er gegen Männer gerichtet war, 
deren persönliche Unfähigkeit allgemein anerkannt wurde. 259)  
Dies war die Lage der feindlichen Parteien, als fast unmittel- 
bar nach dem Tode Ludwigs XIV. der grosse Streit zwischen 
Autorität und Vernunft begann, der noch nicht beendigt ist, obgleich 
bei dem jetzigen Zustande der Wissenschaft sein Ausgang nicht 
länger zweifelhaft sein kann. Auf der einen Seite stand eine ge- 
Schlossene zahlreiche Priesterschaft, unterstützt durch die Verjährung 
von Jahrhunderten und durch die Airtorität der Krone. "Auf der 
andern Seite befand sich eine kleine Gesellschaft von Männern 
ohne Rang, ohne Reichthum und noch ohne Ruhm, aber von Liebe 
zur Freiheit und einem gerechten Vertrauen in ihre eignen Kräfte 
beseelt. Unglücklicher Weise begingen sie gleich im Anfange 
einen grossen Fehler. Bei ihrem Angriffe auf die Geistlichkeit ver- 
loren sie ihre Achtung für die Religion. Bei ihrem Entschluss, die 
geistliche Gewalt zu schwächen, versuchten sie die Grundlagen 
des Christenthums zu untergraben. Dies ist aufls Tiefste zu be- 
dauern, sowohl um ihretwillen, als um die endlichen Folgen für 
Frankreich. Aber es muss ihnen nicht als ein Verbrechen zur 
Last gelegt werden, denn es war ihnen durch die Erfordernisse 
ihrer Lage aufgezwungen. Sie sahen die furchtbaren Uebel, unter 
denen ihr Vaterland durch die Institution der Priesterschaft, wie 
sie damals existirte, litt, und dennoch sagte man ihnen, die Erhal- 
tung dieser Institution in ihrer gegenwärtigen Form sei unum- 
gänglich für das Wesen des Christenthums selbst. Man hatte sie 
immer gelehrt, die Interessen des Klerus seien identisch mit den 
Interessen der Religion, wie konnten sie es also vermeiden, beide, 
Geistlichkeit und Religion mit derselben Feindschaft zu betrachten? 
Es war eine grausame Alternative, aber ehrlicher Weise konnten 
589) Voltaire sagt von den Engländern: Lettres sur les Anylais, Oem). XXVI, 29; 
nquand ü; apprenneni qzßen France de jezmes gens oannus pur leurs däbauclzes, et 
öleväs ä Za prehture 111W des intrigzaes de femanes, font publiquevzzeezt l'amour, svyM-m; 
ä eompaser des clmnsons tmdres, dannen! tous les jburs des saupers dälieats et longs, 
et de lä vom implorer N8 lumüares de Sainl-Esprit, et se novmment hardimevzt les suc- 
eesseurs des apötres, ils Tßmqreient Dieu düätre protestants."
	        
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