Ursachen der
Frühere
Franz.
Revolution.
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das alte Gebäude leichtsinnig zerstört zu haben. m) Sie sowohl,
wie das ganze Volk wurden von der Krone, dem Adel und der
Kirche grausam unterdrückt, und brauchten ihr Talent, um das
Unrecht Zll Vergeltcn. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass dies
dßl" beste Weg war, den sie einschlagen konnten; es kann keinem
Zweifel unterliegen, dass der Aufstand das letzte Mittel gegen die
Tymllllei ist, und dass einem despotischen System allemal eine
revolutionäre Literatur entgegen treten muss. Der Tadel trifft die
höheren Stände, denn sie führten den ersten Streich; aber wir
dürfen auf keine Weise jene grossen Männer tadeln, welche sich
zuerst gegen den Angriff vertheidigten und zuletzt die Regierung
glücklich niedcrschlugen, von der der Angriff ursprünglich ausging.
Ohne uns jedoch bei der Rechtfertigung ihres Verfahrens auf-
zuhalten, haben wir jetzt etwas viel wichtigeres zu betrachten,
nämlich den Ursprung jenes Kreuzzugs gegen das Christenthum,
auf den sie, zum Unglück für Frankreich, sich einzulassen ge-
zwungen wurden, und welcher den dritten grossen Vorläufer der
Französischen Revolution bildet. Eine Kenntniss von den Ursachen
dieser Feindseligkeit gegen das Christenthum ist wesentlich zu
einem richtigen Verstandniss der Philosophie des 18. Jahrhunderts
und wird einiges Licht werfen auf die Theorie von der geistlichen
Gewalt im Allgemeinen.
Es ist ein bemerkenswerther Umstand, dass die revolutionäre
Literatur, welche zuletzt alle Institutionen Frankreichs umsttirzte,
zuerst mehr gegen die religiöse, als gegen die politische Klasse
gerichtet war. Dic grossen Schriftsteller, welche nach dem Tode
Ludwigs XIV. sich zu einem bedeutenden Rufe erhoben, traten
gegen den geistlichen Despotismus auf, und den Umsturz des welt-
liehen Despotismus überliessen sie ihren nächsten Nachfolgern. 23")
279) Auch sollten wir uns daran erinnern „ unter welchen Verhältnissen diese An-
klagen zuerst in Frankreich gehört wurden: "Las reproches d'avoir tout dätruii,
uddressefs aux plnllosopkes du 18e siäcle, ont oommencä le jam- oü i! s'est lrouvä an
Fmnce 1m gouvernevnent qui a voulu rälablir (es abus dont Zes äcrivains de nette eiwque
avaient accälzfn! la destructian." Uomie, Traitä de Zägislation I, '72.
w") Die Natur dieser Veränderung und die Verhältnisse, unter denen sie statt-
fand, werden wir im letzten Kapitel untersuchen; dass aber die revolutionäre Bewe-
gung, Welche Voltaire und seine Gehülfen anüihrten, 898'311 die Kirche: und nicht
gegen den Staat gerichtet war, wird von vielen Schriftstellern gesagt. Einige von ihnen
haben auch bemerkt, dass bald nach der Mitte der Regierung Ludwigs XV. ein an-
derer Boden betreten wurde, und zuerst die Neigung hervortrat, politische Missbräuche