Frühere Ursachen
der
Franz.
Revolution.
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Geist zu ihrem persönlichen Feinde machtenß") und dadurch am
Ende die ganze Intelligenz des Landes gegen sich aufbrachten
und die RßVßllltion nicht zu einer Sache der Wahl, sondern der
Nothwendigkeit machten. Ich will jedoch als passenden Anhang
zu den gegebenen Thatsachen ein Beispiel anführen, wie der Laune
der höhern Klassen zu Gefallen selbst die vertrautesten Angelegen-
heiten des häuslichen Lebens auf's Empörendste blosgestellt werden
konnten. In der Mitte des 18. Jahrhunderts war auf der Französi-
sehen Bühne eine Schauspielerin, Namens Chantilly. Obgleich sie
von Moritz von Sachsen geliebt wurde, zog sie eine ehrenhafte
Verbindung vor und heirathete Favart, den bekannten Dichter von
Liedern und komischen Opern. Moritz war erstaunt über ihre
Kühnheit und wandte sich um Beistand an die Französische Krone.
Es ist schon sonderbar genug, dass er sich an sie wandte; aber
der Erfolg hat schwerlich seines Gleichen, wenn nicht in einer
orientalischen Despotie. Die Französische Regierung hörte von der
Sache, und hatte die unglaubliche Gemeinheit, einen Befehl zu
erlassen, worin Favart befohlen wurde, seine Frau aufzugeben, und
sie Moritz zu überlassen, dessen Ilmarmungen sie sich nun gefallen
lassen musstejm)
Dies gehört zu den unerträglichen Herausforderungen, die den
Menschen das Blut in den Adern kochen machen. Wer kann sich
wundern, dass die grössten und edelsten Männer Frankreichs gegen
eine Regierung, die sich solche Dinge erlaubte, mit Abscheu erfüllt
wurden? Wenn wir trotz der Ferne der Zeit und des Landes
272) "Quel est aujourd'hui parmi nous l'homme de Zettres de quelqlue anertte, qm
nfeit eiprouve plus ou nzoins les fäareurs de Za eolomnte et de la persäczttion? ete. Gramm,
Oorresp. V, 451. So schreibt er 1767, und mehr als 40 Jahr früher finden wir
ähnliche Aussprüche; der früheste, den ich ünde, ist aus einem Briefe an Thiriot von
1723, worili Voltaire sagt, Oeuv. LVI, 94: „la se'ee'm'te' deeient plus gremde de jOMT
en jour dem Finquisition de le lilvrairie." Andere Beispiele, sein Brief 'an De Formrmt
423-425; LVII, 144, 351; LVIIJI, 222; Lettres inedites I, 547; Me'm. de Dtderot
II, 2i5; Letters of eminent persons to Hume 14, 15.
273) Zum Theil wird dies, aber ziemlich ungenau, in Sch1osser's 18. Jahrhundert
erzählt, III, 483. Die vollständigste Nachricht iindet sich bei Grimm, Oowesp. lit.
VIII, 231-233- „1le grand Maurice, irrtte d'une räsistanee qu'il wieweit jamai;
eprouvee mdle part, eut la faiblesse de dememder une lettre de caehet pow enleeer ä an.
mari sa femme, et paar la eontraindre d'etre sa ermaubine; et, chose remarqztuble, cette
lettre de eaehet fut dceordee et exeeutee. Les deux epoua: plierent sous le jbug de la
ozävessite, et la pettte Ulumttlly fätt ä la fots femme de Favdrt, et nzaitresse de Maurice
de Same."