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Frühere
Ursachen
der
Franz.
Revolution.
Grenzen überschritten und jenen Kreuzzug gegen das Wissen er-
zeugten, welcher den zweiten Hauptvorläufer der Französischen-
Revolution bildet.
Wie weit die grausame Verfolgungder Literatur jetzt getrieben
wurde, können nur diejenigen vollständig begreifen, welche die
Geschichte Frankreichs im 18. Jahrhundert bis in's Einzelne studirt
haben. Denn es war nicht eine zufällige Unterdrückung, die sich
hie und da ereignete, sondern es war ein fortgesetzter systemati-
scher Versuch, alle Forschung zu unterdrücken, und alle Forscher
zu bestrafen. Wollte man eine Liste von allen Schriftstellern wäh-
rend der letzten 70 Jahre nach dem Tode Ludwigs XIV. machen,
so würde sich finden, dass wenigstens allemal 9 von lO durch die
Verfolgung der Regierung ernstlich gelitten haben, und dass die
Mehrzahl von ihnen sogar in's Gefängniss geworfen worden ist.
Ja, wenn ich nur dies sage, so bleibe ich wirklich hinter den That-
sachen zurück, denn es ist die Frage, ob von 50 Schriftstellern
auch nur einer ungestraft davon kam. Allerdings ist meine eigne
Kenntniss dieser Zeiten, obgleich ich sorgfältig gesammelt habe,
nicht so vollständig, als ich wohl wünschte; aber unter den Schrift-
stellern, die bestraft worden sind, finde ich die Namen fast aller
Franzosen, deren Schriften ihre Zeit überlebt haben, und unter
denen, die entweder Coniiscationen, oder lüinslwerrung, oder Ver-
bannung, oder Geldbussen, oder Unterdrückung ihrer Werke, oder
die Schmach erduldeten, widerrufen zu müssen, was sie geschrieben
hatten, finde ich ausser einer Menge von untergeordneten Schrift-
stellern die Namen von Beaumarchais, Berruyer, Bougeant, Buifon,
D'Alembert, Diderot, Duclos, Freret, Helvetius, La Harpe, Linquet,
Mably, Marmontel, Montesquieu, Mercier, Morellet, Raynal, Rousseau,
Suard, Thomas und Voltaire.
Die blosse Aufzählung dieser Namen ist voll von Belehrung.
Anzunehmen, dass alle diese bedeutenden Männer die Behandlung
verdienten, die sie empiingen, würde, selbst wenn man das Gegen-
theil nicht geradezu beweisen konnte, offenbar-e Unvernunft sein;
denn es hiesse annehmen, dass nach dem Bruch zwischen den
beiden Klassen die schwächere durchaus im Unrecht, und die stär-
kere durchaus im Recht gewesen. Zum Glück aber ist es nicht
nöthig, über das wahrscheinliche Verdienst beider Theile sich
blossen Speculationen zu überlassen. Die Anklagen gegen diese
grossen Männer liegen der Welt vor, die Strafen, die man ihnen
angethan, sind ebenfalls bekannt genug. Und wenn man beide