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Frühere
Ursachen der
Franz.
Revolution.
können? In ihrem Vaterlande war ohne Zweifel eine grosse Ent-
wickelung von Beredtsamkeit, von schönen Dramen und Poesie
gewesen, welches alles zwar niemals den höchsten Punkt der Vor-
trefflichkeit erreicht hatte, aber doch von einer abgeschlossenen,
bewundernsivürdigen Schönheit ist. Aber es ist eine unzweifelhafte
Thatsache, und ein trauriger Gedanke, dass während der 60 Jahre
nach Descartes Tode Frankreich nicht einen einzigen Mann be-
sessen hatte, der selbstständig zu denken gewagt. llrletaphysiker,
Moralisten, Historiker, alle waren von dem Knechtssinn jenes elen-
den Zeitalters befleckt worden. Zwei Generationen hindurch hatte
kein Franzose weder eine Frage der Politik noch der Religion frei
erörtern dürfen. Und so verloren die bedeutendsten Geister, aus-
geschlossen von ihrem eignen Felde, ihre Energie; der National-
geist erstarb, der Stoff selbst, und die Nahrung des Gedankens
schien zu fehlen. Kein Wunder also, dass die grossen Franzosen
des 18. Jahrhunderts diese Nahrung, die sie daheim nicht finden
konnten, im Auslande suchten; kein Wunder also, wenn sie sich
aus ihrem eignen Lande hinwegwztndten, und mit Bewunderung
auf das einzige Volk sahen, welches seine Untersuchung in die
höchsten Regionen getragen, und in 'Politik und Religion dieselbe
Firrchtlosigkeit gezeigt hatte. Ein Volk, welches seine Könige be-
straft und seine Geistlichkeit im Zaume gehalten hatte, und nun
die Schätze seiner Erfahrung in jener herrlichen Iriteratur aufbe-
wahrte, welche nie untergehen wird, und von der man mit nüch-
terner Wahrheit sagen kann, dass sie den Geist der entferntesten
Völker aufgestachelt, und nach Amerika und Indien verpflanzt,
schon die beiden entgegengesetzten Enden der Welt befruchtet hat.
Es giebt wirklich in der Geschichte wenig so Lehrreiches, als
zu welchem Grade Frankreich durch diese neue Arbeit beeinllusst
wurde. Selbst diejenigen, welche an der wirklichen Ausführung
der Revolution Theil nahmen, wurden von dem vorherrschenden
Geiste bewegt. Carra, 13") Dumouriez, m: Lafayette, '88) und Lan-
theilas, M) waren mit der Englischen Sprache vertraut. Gamille
III, 68, second edit.
352.
Meön. de Lajäyette 1,
186) lyylliaans, Lctterä fram Fmnce, II
VII, 192.
'37) Adolphm" Biog. Mean. 1799, I, 35
493) Lady Morgmfs Fmnce II , 304; 1
74, 83, 89.
189) Quämrd, France litäraire IV, 540.
1796.
41 , 49,
Biog. zemlv,
70; II, 26,