Volltext: Geschichte der Civilisation in England (Bd. 1, Abth. 2)

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Bevormundender Geist unter Ludwig 
XIV. 
wig's XIV. das Feld des Genius zu verengen, und die Wissen- 
schaft der Kunst aufzuopfern. Die zweite Folge war, dass auch 
in der Kunst selbst sehr bald ein merklicher Verfall eintrat. Eine 
kurze Zeit brachte die künstliche Anregung ihre Wirkung hervor, 
darauf folgte aber jener Zusammenfall, der ihre natürliche Folge 
ist. S0 entschieden schädlich ist das ganze System der Gönner- 
schaft und der Belohnung, dass nach dem Tode der Schriftsteller 
und Künstler, deren Werke die einzige Ehrenrettung für die Re- 
gierung Ludwigs XIV. bilden, sich nicht ein einziger Mann fand, 
der fähig gewesen wäre, ihre Vorzüge auch nur nachzuahmen. 
Die Dichter, Dramatiker, Maler, Musiker, Bildhauer, Baukünstler 
waren fast ohne Ausnahme unter einer freieren Politik, wie sie vor 
seiner Zeit bestand, nicht nur geboren, sondern auch erzogen. Als 
sie ihre Arbeiten begannen, zogen sie Vortheil von einer Frei- 
gebigkeit, welche ihr Genie zur Thätigkeit aufmunterte. Als aber 
in wenigen Jahren diese Generation ausgestorben war, kam die 
Hohlheit des ganzen Systems deutlich zum Vorschein. Mehr als 
ein Viertel Jahrhundert vor dem Tode Ludivig's XIV. hatten die 
meisten von diesen ausgezeichneten Männern zu leben aufgehört; 
und nun konnte man sehen, zu welch einem elenden Zustande das 
Land unter der gerühmten Gönnersehaft des grossen Königs her- 
untergebracht war. Und in dem Augenblick, als Ludwig XIV. 
starb, gab es in Frankreich kaum einen Schriftsteller oder einen 
Künstler von Europäischem Rufe. Dies ist ein Umstand, der gar 
sehr unsre Beachtung verdient. Wenn wir die verschiedenen Zweige 
der Literatur vergleichen, so finden wir, dass die geistliche Beredt- 
samkeit, weil sie am wenigsten unter dem Einfluss des Königs 
stand, sich am längsten gegen sein System halten konnte. Massil- 
lon gehört zum Theil in die folgende Regierung, aber auch die 
beiden andern grossen Geistlichen, Bossuet und Bourdaloue, lebten 
beide bis 1704;5ß) Mascaron bis 1703, 5") und Fleehier bis 1710.60) 
Da aber der König, besonders in seinen letzten Jahren grosse 
Scheu davor hatte, sich mit der Kirche zu befassen, so können 
wir den Einfluss seiner Politik besser in weltlichen Dingen ver- 
folgen, weil dort seine Einmischung am thätigsten war. Es wird 
daher das Einfachste sein, zuerst die Geschichte der schönen Künste 
Biog. 
I Md. 
I bid  
univ. V, 236, 
XXVII, 351. 
xv, 35. 
358.
	        
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