Bevormundender
Geist unter
Ludwig XIV.
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monie des Thier- und des Pflanzenreiches und davon, dass sie
nach einer Idee geordnet sind.
Dies Wurde in England während der Regierung CarPs H. ge-
leistet, und wir fragen jetzt, was wurde in dieser Periode unter
der freigebigen Gönnerschaft Ludwigs XIV. gethan? Die Antwort
ist: nichts! Keine Entdeckung, keine Idee, Welche in diesem Wich-
tigen Zweige der Naturwissenschaft Epoche machte. Der Sohn
des berühmten Sir Thomas Browne besuchte Paris in der Hoifnung,
seine Kenntnisse in der Botanik zu vermehren. Dies, meinte er,
köne ihm nicht fehlen in einem Lande, wo die Wissenschaft so
in Ehren gehalten, ihre Professoren vom Hofe so sehr vorgezogen
und ihre Untersuchungen so freigebig ermuntert würden. Zu seiner
Verwunderung fand er 1665 in der grossen Stadt nicht einen, der
fähig war, seine" Lieblingswissenschaft zu lehren, und selbst die
öffentlichen Vorlesungen darüber kläglich mager und unbefriedi-
gend?) Weder damals, noch viel später, besassen die Franzosen
eine gute populäre Abhandlung über Botanik, noch weniger mach-
ten sie Fortschritte darin. Ja die Theorie der ganzen Sache wurde
so sehr missverstanden, dass Tournefort, der einzige Französische
Botaniker von Ruf unter der Regierung Ludwigs XIV., gerade die
Entdeckung des Geschlechts bei den Pflanzen verwarf, welche ge-
macht worden war, ehe er zu schreiben angefangen hatte, und
später der Eckstein des Linnc-Yschen Systems wurdeßä) Dies zeigte
seine Unfahigkeit zu jenen weiten Gesichtspunkten über die Ein-
heit der organischen Welt, die allein der Botanik einen wissen-
schaftlichen Werth geben; und wir finden daher, dass er nichts
für die Physiologie der Pflanzen that, und dass er nur als Samm-
ler und Classificierer Verdienst hatßü) Und selbst in seiner Classi-
fication wurde er nicht durch umfassende Vergleichung ihrer ver-
schiedenen Theile, sondern nur durch Betrachtungen des blossen
54) Im Juli 1665 schreibt er an seinen Vater: "Die Vorlesung über Pßanzen ist
hier nichts als eine Nomenclatur, die Angabe ihrer Grade von Hitze und Kälte und
manchmal ihres Gebrauchs in der Arzneikunde; kaum ein Wort mehr, als man in jedem
Herbarium sehen kann." Brownefs umriss I, 108.
55) Indem Cuvier bemerkt, wie Tourneforils Ansichten hinter denen seiner Vor-
gänEW Ymrückgcblieben, sagt er: "puis qu'il a rejetö les sexes des planlos," Higtgire
des scienees II, 496. Daher hielt er den Blüthcnstaub für eine Art Exerement. Pul-
1911011159 Progress of botany I, 340.
m) Dies giebt selbst sein Lobredner Duvau zu. Biog. zmiv. XLVI, 363.
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