Bevormundexlder
Geist unter Ludwig
XIV.
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Regierung der schädlichen Gewohnheit, Männer der Literatin mit
grossen Summen Geldes zu belohnen, und ihnen vielfache Beweise
seiner persönlichen Gunst zu geben. Da dies langer als ein halbes
Jahrhundert geschah, und der Reichthum, den er so gewissenlos
verwendete, natürlich aus den Taschen seiner andern Unterthanen
genommen war, so können wir kein besseres Beispiel der Wirkun-
gen, die eine solche Gönner-Schaft hervor-zubringen geeignet ist,
finden, als ihn. Er hat wirklich das Verdienst, jene Beschützung
der Literatur, welche Manche so gern herstellen möchten, in ein
System gebracht zu haben. Und wir werden gleich sehen, was die
Wirkung davon auf die allgemeinen Interessen der Wissenschaft
war. Aber die Wirkung auf die Schriftsteller selbst sollte von den
Literatoren besonders ins Auge gefasst werden, die mit wenig
Achtung vor ihrer eignen Würde der Englischen Regierung fort-
dauernd vorwerfen, sie vernachlassige den Stand, deren Mitglieder
sie sind. Zu keiner Zeit sind Schriftsteller so verschwenderisch
belohnt worden, als unter der Regierung Ludwigs XIV; und zu
keiner Zeit sind sie so gemein gesinnt, so servil, so gänzlich un-
fähig gewesen, ihren grossen Beruf als Verkünder des Wissens
und als Prediger der Wahrheit zu erfüllen. Die Geschichte der
berühmtesten Autoren jener Zeit beweist, dass trotz ihrer Talente
und trotz der Kraft ihres Geistes sie der Verderbniss ihrer Umge-
bung nicht widerstehen konnten. Um die Gunst des Königs zu
gewinnen, opferten sie den Geist der Unabhängigkeit, der ihnen
theurer als ihr Leben hätte sein sollen; sie gaben die Erbschaft
ilnes Genius fort, sie verkauften ihre Erstgeburt für' ein. Linsen-
gerieht. Was damals geschah, würde unter denselben Umständen
jetzt wieder geschehen. Einige ausgezeichnete Denker mögen eine
Zeitlang dem Druck ihrer Zeit widerstehen können. Wenn wir
aber auf die Menschheit im Ganzen sehen, so kann die Gesellschaft
sich keiner einzigen Klasse anders als durch ihr Interesse ver-
sichern. Deshalb sollte jedes Volk _sich wohl in Acht nehmen, dass
die Interessen der Schriftsteller mehr auf seiner Seite, als auf
Seiten seiner Herrscher liegen. Denn die Literatur vertritt den Ver-
stand, welcher progressistisch ist, die Regierung vertritt die Ord-
nung, und die ist stationär. So lange diese beiden grossen Mächte
getrennt sind, werden sie sich einander verbessern, und gegen ein-
ander wirken, wo denn das Volk die Wage halten mag. Wenn
jedoch diese Machte sich verbinden, wenn die Regierung den Ver-
stand beStechen kann, und wenn der Verstand der Regierung