Volltext: Geschichte der Civilisation in England (Bd. 1, Abth. 2)

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Bevormundender Geist unter Ludwig XIV. 
Ausdehnung geschehen, ohne die verderblichsten Folgen herbei zu 
führen. Denn wenn die natürlichen Verhältnisse der Gesellschaft 
zerstört werden, wird die Gesellschaft selbst in Verwirrung ge- 
rathen. Wenn Gelehrte protegirt werden, wird man die Industriellen 
zurückdrängcn. Die nieder-n Klassen können in den Augen derer 
wenig gelten, für die die Literatur der Hauptgesichtspunkt ist. Der 
Gedanke an Volksfreiheit wird keine Ermunterung finden, die Per- 
sonen werden unterdrückt und ihre Arbeit besteuert werden; die 
für's Leben nothwendigen Geschäfte werden verachtet, und die das 
Leben nur verschönern, werden begünstigt. Die Masse wird "zu 
Grunde gerichtet, um Wenige zu befriedigen. Während oben Alles 
glänzend ist, wird unten Alles verfault sein. Schöne Gemälde, 
edle Paläste, rührende Dramen mögen eine Zeitlang reichlich her- 
vorgebracht werden, aber auf Kosten des Herzens und der Starke 
der Nation. Die Klasse selbst, für welche das Opfer gebracht 
wurde, wird bald in Verfall gerathen; Dichter mögen das Lob des 
Fürsten, der sie mit seinem Golde gekauft hat, fortsingen. Aber 
es ist gewiss, dass Männer, die einmal ihre Unabhängigkeit ver- 
lieren, am Ende auch ihre Kraft verlieren werden. Ihr Geist muss 
wirklich sehr stark sein, wenn er in der krankhaften Atmosphäre 
eines Hofes nicht verdorrt. Ihre Aufmerksamkeit richtet sich einzig 
auf ihren Herrn, und so nehmen sie unvermerkt die Sitten der 
Knechtschaft an, die für ihre Lage passen. Und wie sich der 
Kreis ihrer Theilnahmc zusammenzieht, wird der Gebrauch und die 
Thätigkeit ihres Genius geschwächt. Ihnen ist Unterwürügkeit eine 
Sitte, und Knechtschaft ein Vergnügen. In ihren Händen verliert 
die Literatur bald ihre Kühnheit, Ueberlieferung gilt für einen 
Grund der Wahrheit, und der Geist der Forschung erlischt. Dann 
kommt der gefahrliche Augenblick, wo die Gemüther der Menschen 
sich nicht Luft machen können, weil der öffentlichen Meinung kein 
Ausdruck übrig gelassen ist, ihre Unzufriedenheit sich langsam in 
das Gift eines tödtlichen Hasses verwandelt, weil sie keine Stimme 
hatte, und ihre Leidenschaften sich in aller Stille anhaufen, bis sie 
zuletzt alle Geduld verlieren, und zu einer jener schrecklichen Re- 
volutionen aufgestachelt werden, durch die sie den Stolz ihrer Herr- 
scher demüthigen und die Vergeltung selbst bis in das Innere des 
Palastes tragen. 
Die Wahrheit ist Allen Wohlbekannt, die Ludwigs XIV. Ge- 
schichte und ihren Zusammenhang mit der Französischen Revolution 
studirt haben. Dieser Fürst ergab sich Während seiner langen
	        
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