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Geist unter Ludiwg XIV.
Bevormundender
ähnliche Belohnungen angestiftet, offenbar werden. Nach einem
sorgfältigen Studium der Literaturgeschiehte halte ich mich für be-
rechtigt zu sagen, dass für ein Beispiel, wo ein Fürst einen Mann
belohnt hat, der seiner Zeit vorauf War, Wenigstens zwanzig Bei-
spiele anzuführen sind, wo er solche belohnte, die hinter ihrer Zeit
zurück waren. Die Folge ist, dass in jedem Lande, Wo die könig-
liche Gönnerschaft lange und allgemein gewährt worden ist, der
Geist der Literatur statt progressistisch zu sein, reactionar geworden
ist. Es ist ein Bündniss gemacht worden zwischen denen die
geben, und denen die empfangen. Durch ein System von Gnaden-
bezeigungen ist künstlich eine gierige und bedürftige Klasse von
Menschen erzeugt worden, die in ihrem Eifer für Pensionen, Aemter
und Titel die Verfolgung der Wahrheit dem Wunsch nach Gewinn
untergeordnet und in ihre Schriften die Vorurtheile des Hofes, dem
sie sich anschliessen, übertragen haben. Daher kommt es, dass
die Gunstbezeigungen ein Wahrzeichen der Knechtschaft geworden
sind. Daher kommt es, dass die Erwerbung von Kenntnissen, bei
Weitem die edelste von allen Beschäftigungen, eine Beschäftigung,
Welche vor Allen die Würde des Menschen erhöht, zu dem Maass
eines gemeinen Handwerks erniedrigt worden ist, Wo die Möglich-
keit des Erfolgs nach der Zahl der Belohnungen abgemessen, und
die höchste Ehre ein Geschenk dessen Wird, der gerade der Mi-
nister oder der König des 'l'ages ist.
Diese Richtung bildet schon an sich selbst einen entschiedenen
Einwand gegen die Ansicht, der ausübenden Regierung die Mittel
zur Belohnung der Schriftsteller anzuvertrauen; aber es giebt noch
einen andern Einwand, der in mancher Hinsicht noch ernstlicher
ist. Jede Nation, die ungehemmt ihren Gang gehen darf, wird leicht
die Bedürfnisse ihres Geistes befriedigen, und eine Literatur hervor-
bringen, die zu ihrer jedesmaligen Lage am besten passt. Und es
liegt offenbar im Interesse aller Klassen, dass die Production nicht
grösser als der Bedarf sei, dass das Angebot die Nachfrage nicht
übersteige. Ausserdem ist es nothwendig für das Wohl der Gesell-
schaft ein gesundes Verhaltniss zwischen den intellectuellen und
praktischen Standen aufrecht zu erhalten. Es ist ein gewisses
Verhaltniss nöthig zwischen denen, die vornehmlich zum Denken,
und zwischen Denen, die vornehmlich zur Thatigkeit geneigt sind.
Wären Wir alle Schriftsteller, so würden unsere materiellen Inter-
essen darunter leiden; Wären Wir alle Geschäftsleute, so Würden
unsere geistigen Genüsse sehr verkürzt werden. Im ersten Falle