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Die Kraft des bevormundenden
Geistes
theilte den Adel in zwei feindliche Parteien; die eine wollte das
ausschliessliche Vorrecht behaupten, die andere daran Theil neh-
men. Um die streitenden Ansprüche zu versöhnen, wurden ver-
schiedene Vorschläge gemacht; Alles vergebens! und der Hof, der
unter Mazarins Verwaltung von der Furcht vor dem Aufstande
gedrängt wurde, zeigte sich geneigt nachzugehen und dem niedern
Adel seinen sehnlichen Wunsch zu gewähren. 1648 und 1649 ge-
stand die Königin-Regentin auf Anrathen ihres Ministeriums das
Recht in Gegenwart der Königin zu sitzen den drei vornehmsten
Mitgliedern des niedern Adels förmlich zu, nämlich der Comtesse
de Fleix, Madame de Pons und der Prinzess de Marsillacßs) Kaum
war diese Verfügung bekannt gemacht worden, so geriethen die
Prinzen von Geblüt und die Pairs des Reichs in die grösste Auf-
regungßfl) Sie beriefen unverzüglich die Mitglieder ihres Standes,
die ein Interesse daran hatten, diesen unverschämten Eingriff zurück-
zuweisen, nach der Hauptstadt, bildeten eine Versammlung und
ergriffen sogleich Maassregeln zur Aufrechterhaltung ihrer alten
Rechte. '50) Auf der andern Seite bestand der niedere Adel, aufge-
blasen durch seinen Erfolg, darauf, dass dies eben gemachte Zu-
gestandniss zur Regel erhoben und die Ehre des Sitzes, welche
dem Hause de Foix in der Person der Comtesse de Fleix ver-
liehen worden, nun auch allen Andern gewährt werden müsse, die
beweisen könnten, dass ihr Stammbaum eben so glorreich sei. M)
Jetzt entstand die grösste Vcrivirrungy beide Theile bestanden
dringend auf ihre Ansprüche und Monate lang drohte Frankreich
59) Ueber die Comtesse de Fleix und Mad. de Pons siehe Mäm. de Motteville III,
116, 369. Nach demselben hohen Gewährsmann III, 367 bestand der niedrigereJhmg
der Prinzess de lliarsillae in dem schmerzlichen Umstande, dass ihr Gemahl nur der
Sohn eines Herzogs und der Herzog selbst noch am Leben war, „z'l nTtoit qzw gemil-
komme, et sun pälre la dm: de la Roclwfoucauld näfioit pas wem-t."
59) Der lange Bericht über diese Vorgänge in Mzfm. de Motteville 111, 367-393,
zeigt das Gewicht, Welches die Meinung jener Zeit darauf legte.
Ü") lm Oct. 1649 „la noblesse äassembla ä Paris sur Ze fait des tubozerets." MZm.
de Lenet I, 184.
m) "Taue aeux demc qm! pur leurs dibux ewoieni dans leurs anaisons de Zu gnm-
dem; pur des alliemaes des femmes dascendues de ceux qui älaicnt autrdois maitres et
souverains des provinces de Franco, demanderont la möme prfrogatiwe quc cel!_e qm"
venoit düälre rzccordäe am sang de Foix." Mäm. de Mottewillß III, 117. Ein anderer
gleichzeitiger Schriftsteller sagt; "Getto preiteniion 5mm lautes les mdisons de la cozw
wen" cclte diffcrence et inäyrzlifä." Meän. dWmw Tnlwz 111, G, I1, 437: „le Marquis
du IYoirvnozzticr et cclui da Vitry demrmdoient Ze iabouret pour lem-s femmos."