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Geistes
Kraft des bevormundenden
Die
stolz zu sprechen, ist ein Widerspruch im Worte. Stolz hängt von
dem Bewusstsein der Selbstzufriedenheit ab, Eitelkeit von dem Bei-
fall Anderer. Stolz ist eine zurückhaltende erhabene Leidenschaft,
sie verachtet jene äusserlichen Auszeichnungen, nach welchen die
Eitelkeit eifrig greift. Der Stolze sieht in seinem eignen Geiste
die Quelle seiner Würde; und er weiss, diese kann weder erhöht,
noch vermindert werden durch andere Handlungen, als die ganz
allein von ihm ausgehen. Der Eitle ist ruhelos, unersättlich und
wirbt immer um die Bewunderung seiner Zeitgenossen; daher muss
er natürlich viel auf jene äusseren, sichtbaren Zeichen geben, die,
seien sie nun Decorationen oder Titel, unmittelbar in die Sinne
fallen und gemeine Menschen für sich einnehmen, weil sie ihrem
Verständniss unmittelbar zugänglich sind. Dies ist der g-rosse
Unterschied: Stolz blickt nach innen, Eitelkeit nach aussen; und
so ist es klar, wenn Einer sich nach einem Bange schätzt, den er
zufällig ererbt, ohne Anstrengung, ohne Verdienst, so ist dies ein
Beweis von Eitelkeit, nicht von Stolz, und von einer Eitelkeit der
verächtlichsten Art. Er beweist, dass ein solcher Mann keinen
Sinn für wahre Würde hat, keinen Begriff von dem, worin allein
alle Grösse besteht. Was Wunder, wenn für solche Geister die
unbedeutendsten Kleinigkeiten sich zu Gegenständen von der höch-
sten Wichtigkeit aufblähen! Was Wunder, wenn so hohle Köpfe
sich mit Bändern, Sternen und Kreuzen zu thun machen, wenn
dieser Edle sich nach dein Hosenbandorden sehnt, jener sich um
das goldene Vliess grärnt, wenn Einer sich wünscht, den Herolds-
stab bei Hofe zu tragen, und ein Anderer ein Amt im Königlichen
Haushalt zu bekleiden, während es der Ehrgeiz eines Dritten ist,
seine Tochter zur Ehrendame zu machen und seine Frau zur Kam-
merfrau zu erheben!
Wenn wir dies sehen, brauchen wir uns nicht zu wundern,
dass die Französischen Edelleute des 17. Jahrhunderts in ihren
Bänken und Streitigkeiten einen Leichtsinn entwickelten, Welcher,
wenn auch durch einzelne Ausnahmen gelegentlich wieder gut ge-
macht, der natürliche Charakter jedes Erbadels ist. Wenige Bei-
spiele werden hinreichen, dem Leser einen Begriff von dem Ge-
schmack und der Gemüthsverfassung dieser mächtigen Klasse zu
geben, welche mehrere Jahrhunderte lang den Fortschritt der Fran
zösischen Civilisation aufhielt.
Von allen Fragen, worüber die Französischen Edeln getheilt
waren, war die wichtigste die über das Recht, sich in Gegenwart