England 1md Frankreich.
127
Urtheils würde ein solcher Streit nie stattfinden; der blosse Gedanke
daran könnte den Leuten nicht in den Kopf kommen, noch könn-
ten sie sichs träumen lassen durch eigne Kraft jene Missbräuche
zu beherrschen, denen alle grossen Verbindungen der Menschen
unterworfen sind. Es ist daher sehr natürlich, "dass die Ausübung
dieses individuellen Urtheils Widerstand finden musste bei den
beiden mächtigen Ständen, die wegen ihrer Stellung, ihrer Inter-
essen und ihrer Gemüthsverfassung mehr als alle andern geneigt
sind, das Alte zu lieben, sich an verjahrte Gewohnheiten zu hängen
und Institutionen aufrecht zu erhalten, welche, um ihre beliebten
Ausdrücke zu brauchen, durch die Weisheit ihrer Vorfahren ge-
heiligt sind.
Von diesem Standpunkte aus können wir die genaue Verbin-
dung, welche bei der Thronbesteigung der Königin Elisabeth zwi-
schen dem Englischen Adel und dem katholischen Klerus bestand,
sehr deutlich übersehen. Ungeachtet mancher Ausnahmen Wider-
setzte sich die überwiegende Mehrheit beider Stande der Refor-
mation, weil sie sich auf das Recht der eignen Prüfung gründete,
deren natürliche Widersacher sie als die Beschützer alter Ansichten
waren. Dies Alles kann uns nicht überraschen; es war in der
Ordnung der Dinge und stimmte ganz und gar zu dem Geiste
dieser beiden grossen Abtheilungen der Gesellschaft. Jedoch zum
Glück für unser Vaterland sass jetzt eine Königin auf dem Throne,
die den Umständen gewachsen war, und statt jenen beiden Klassen
nachzugehen, von der Stimmung der Zeit Gebrauch machte, sie zu
demüthigen. Die Weise, wie Elisabeth dies ausführte, zuerst gegen
die katholische, und dann gegen die protestantische Geistlichkeitfä)
bildet einen der interessantesten Abschnitte unserer Geschichte.
Und in der Erzählung der Regierung der grossen Königin hoffe ich
ihn ziemlich ausführlich zu behandeln. Hier nur einen Blick auf
ihre Politik gegen den Adel, jenen andern Stand, mit dem die
Priesterschaft durch ihre Interessen, Ansichten und Erinnerungen
immer sehr viel gemein hat.
Als Elisabeth den Thron bestieg, und fand, dass die alten
Familien der alten Religion anhingen, berief sie natürlich solche
75) Der allgemeine Charakter ihrer Politik gegen die prdtestantisehen Englischen
Bischöfe wird ganz richtig von Collier angegeben, obgleich er als ein Schriftsteller des-
selben Bekenntnisses natürlich sehr unzufrieden ist mit der Missachtung gegen die
Häupter der Kirche, Gallier, Eccles. bist. of Great Brituin V11, 257, 258.