England und Frankreich
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diese Bewegung;") nach der Regierung Heinrichs IV. hat kein
Engländer, selbst vom höchsten Range, gewagt, noch jene Privat-
kriege fortzusetzen, wodurch in andern Ländern die grossen Feudal-
herren noch immer den Frieden der Gesellschaft störten. 73) Als
die Bürgerkriege sich legten, zeigte sich derselbe Geist in der
Politik Heinrich's VII. und Heinrich's VIIL; denn diese Könige,
so despotisch sie waren, unterdrückten hauptsächlich die höchsten
Stände, und Heinrich VIII. wurde trotz seiner barbarischen Grau-
samkeiten vom Volke geliebt, weil ihm seine Regierung im Ganzen
wohlthätig war. Dann kam die Reformation. Sie war eine "Er-
hebung des menschlichen Geistes, und folglich wesentlich eine auf-
rührerische Bewegung. Darum erhöhte sie den Widerwillen der
Menschen gegen Unterordnung und streute im 16. Jahrhundert den
Samen jener grossen politischen Revolutionen aus, welche im
17. Jahrhundert fast in allen Theilen Europas ausbrachen. Das Ver-
hältniss dieser beiden revolutionären Epochen zu einander ist ein
höchst interessanter Gegenstand, aber für den Zweck dieses Ka-
pitels haben wir nur die Ereignisse hervorzuheben, welche in der
letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts das Einverständniss der geist-
lichen und aristokratischen Stande zeigen, und uns lehren wie die-
selben Verhältnisse, die dem Einen verderblich wurden, auch den
Sturz des Andern vorbereiteten.
Als Elisabeth den Thron_ von England bestieg, war die grosse
IMehrheit des "Adels gegen den Protestantismus. Dafür haben wir
die entscheidendsten Zeugnisse; und selbst, wenn wir sie nicht
hätten, würde unsere Menschenkenntniss uns vermuthen lassen,
dass es so gewesen. Denn die Aristokratie muss schon durch die
Bedingungen ihrer Existenz als Stand allen Neuerungen abgeneigt
sein; nicht nur, weil sie durch eine Veränderung viel zu
verlieren und wenig zu gewinnen hat, sondern auch, weil manche
ihrer angenehmsten Gemüthsbewegungen mehr mit der Vergangen-
heit, als mit der Gegenwart zusammenhängen. Im Zusammenstoss
72) Ueber die Folgen der Kriege der beiden Rosen für den Adel Vergleiche Hal-
lzmfs Oonst. "bist. I, 10; Lingarofs Hist. of England, III, 340; Fade-Stoffs English
ßmfiq. 224, 320; und über seine ungeheuren Verluste an Geld und Land Sincluiräs
EM. of the revmue I, 155.
" 73) "Das letzte Beispiel einer ordentlichen Schlacht zwischen zwei mächtigen
Adeligen in England kommt vor unter der Regierung Ednal-(Ts IV." Allen, On the
prerogative, 123.