122
Geschichte
Geistes
bevormundenden
des
Die alten Verhältnisse, von denen diese Thatsachen nur eine
äussere Erscheinung waren, wirkten jetzt mit wachsender Stärke
fort. In Frankreich war der bevormundende Geist, der in die Re-
ligion übertragen wurde, stark genug, der Reformation Widerstand
zu leisten, und dem Klerus wenigstens die Formen seiner alten
Herrschaft zu bewahren. In England befähigte Mannesstolz und
die Gewohnheit der Selbsthülfe den Geist, ein System zur Reife zu
bringen, welches man das Recht des freien Urtheils der Person
nannte, und wodurch manche von den beliebtesten Ueberlieferungen
ausgerottet wurden. Dem folgte, wie wir schon gesehen haben,
sehr bald zuerst der Skepticismus, dann die Duldung und so be-
reitete sich die Unterordnung der Kirche unter den Staat vor; ein
Verhältniss, wodurch wir uns auszeichnen, und keine Nebenbuhler
unter den Völkern Europa's haben. Dieselbe Richtung wirkte in
der Politik und entwickelte ähnliche Folgen. Es wurde unsern
Vorfahren nicht schwer, den Adel zu demüthigen und Verhältniss-
massig unbedeutend zu machen. Die Kriege der Rosen zersplitter-
ten die Hauptfamilien in zwei Parteien, und beförderten dadurch
merkwürdigen Brief über das Duell und das Ritterthum von 1778. In England, glaube
ich, findet sich kein Beispiel eines einzigen Duells vor dem 16. Jahrhundert, und es
gab wenige bis zur letzten Hälfte der Regierung der Königin Elisabeth. In Frank-
reich hingegen entstand die Sitte im Anfang des 15. Jahrhunderts, und im 16. Jahr-
hundert wurde es Sitte, dass die Secundanten ebensowohl, als die Duellanten fechten
mussten. Montlosier, Monarch. fmng. II, 436; Monteil, Hist. des divers ätale VI,
48. Von der Zeit an wurde die Neigung der Franzosen für das Duell ganz zur
Leidenschaft, bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, wo die Revolution, oder vielmehr
die Umstände, welche die Revolution herbeiführten, dem verhältnissmässig ein Ende
machten. Man kann sich eine Vorstellung von der ungeheuren Ausdehnung, die dieses
Unwesen früher in Frankreich erreicht hatte, durch die Vergleichung folgender Stellen
machen, die ich mit Vergnügen zusammenstclle, da noch niemand eine leidliche Ge-
schichte des Duells geschrieben hat, obgleich es einst eine so grosse Rolle in der
Europäischen Gesellschaft gespielt hat. De Thou, Hist. univ. IX, 592, 593, XV, 57,
Daniel, Mlicefrangaise II, 582; Sully, Economies I, 301, III, 406, VI, 122, VIII, 41,
IX, 408; Careufs Stute of France zmder Henry I V in Birahls Historical negociations
467; Ben Jomorfs Werks VI, 69; Dulaure, Hist. de Paris, 1825, 3. ädit. IV, 567,
V, 300, 301; Ie 670m, Bibliothäque zmiv. XX, 242; Let-tres de Patin, III, 536; Oape-
jigue, Hist. de la rqforme VIII, 98; Capejigueäs Richelieu I, 63; 1M Rällux, Histo-
riettes X, 13; Mäm. de Genlis II, 191, VII, 215, IX, 351; Mem. qfthe Baroness
d'0berkirch, I, 71, London 1852; Lettres inädites diziguesseau, I, 211; Lettres de Du
Dqfami ä Walpole III, 249, IV, 27, 28 , 152; Boullier, _Mim'son militaire des rois de
Fromce, S7, 83; Biog. univ. V, 402, 403; XIII, 411; XLIV, 127, 401; XLVlII, 522,
XLIX, 130.