in England und Ffankreich.
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einige Generationen hindurch alle solche Anstrengungen fehlschlagen
müssen. Denn die Menschen können nicht frei werden, ohne zur
Freiheit erzogen zu sein. Und diese Erziehung findet man nicht
in Schulen, und erlangt man nicht aus Büchern, sondern sie be-
steht aus x Selbstbeherrschung, aus Selbstgefühl und aus Selbst-
regierung. Dies ist in England eine Sache des erblichen Herkom-
mens überlieferter Gewohnheiten, die wir in der Jugend einsaugen,
und die unser Betragen im Leben bestimmen. Bei den Franzosen
deuten alle alten Verbindungen in eine andere Richtung. Bei der
geringsten Schwierigkeit wenden sie sich an die Regierung um
Unterstützung; was bei uns eine Sache der Concurrenz, das ist bei
ihnen Monopol. Was wir durch Privatgesellschaften ausrichten,
dazu brauchen sie die Bureaus des Staats. Sie können keinen
Kanal graben, keine Eisenbahn anlegen, ohne sich um Hülfe an
die Regierung zu wenden. Bei ihnen sieht das Volk auf die Herr-
scher, bei uns die Regierung auf das Volk. Bei ihnen ist die
ausübende Gewalt das strahlende Oentrum der Gesellschaftxlä) Bei
uns ist die Gesellschaft das Anregende, und die ausübende Gewalt
das Organ. Der Unterschied in dem Ergebniss hat dem Unter-
schiede im Verfahren entsprochen. Wir sind zur Ausübung politi-
scher Gewalt durch die lange Ausübung bürgerlicher Rechte be-
fähigt worden. Sie haben die Uebung vernachlässigt, und glauben
sogleich mit der Gewalt beginnen. zu können. Wir haben uns
immer entschlossen gezeigt, unsere Freiheiten aufrecht zu erhalten,
und bei passender Gelegenheit sie zu vermehren; und dies haben
wir mit einem Anstande und mit einem Ernste gethan, wie er
Männern natürlich ist, die mit solchen Gegenständen lange vertraut
gewesen. Aber die Franzosen, die immer als Kinder behandelt
wurden, sind in der Politik noch immer Kinder. Und da sie die
Wichtigsten Angelegenheiten mit dem heitern und flüchtigen Geiste
behandelt haben, der eine Zierde "ihrer leichteren Literatur ist, so
ist es kein Wunder, dass Angelegenheiten ihnen misslungen sind,
45) Der Thätigkeit dieses bevormundenden und centralisirenden Geistes müssen
wir zuschreiben, was ein Mann von grossem Gewicht vor 30 Jahren „Ze defaut de sponta-
vzäitä, qm caractEri-Se les instiiznfions de 1a Fremae moderne" nannte. Meyer, Inst. jud.
IV, 536. Dies stimmt sie auch in der Literatur und Wissenschaft für die Errichtung
von Academieeu , und wahrscheinlich auch ihre Juristen fiirdie Godiücation der Ge-
setze. Alles dies sind Zeichen, dass man sich der allgemeinen Entwickelung der An-
gelegenheiten nicht anvertrauen will und zeigt eine ungehörige Verachtung für die
ununtcrstützte Geistesthätigkeit-des Einzelnen.
Buckle, Gesch. d. Civilisation I. 2. 8