112
Geschichte
des bevormundenden
Geistes
sich selbst überlassen werden. 43) Vernünftiger Weise kann man
nicht annehmen, dass erwachsene Leute, die so unter Vormund-
schaft gehalten werden, ein richtiges Urtheil über ihre Nahrung
haben, und folglich hat die Regierung auch dafür gesorgt. lhr
scharfes Auge folgt dem Schlächter zur Schlachtbank, und dem
Bäcker zum Ofen. Von ihrer väterlichen Hand wird das Fleisch
untersucht, ob es nicht schlecht, und das Brod gewogen, 0b es nicht
zu leicht sei. Kurz, ohne noch mehr Beispiele zu geben, mit denen
die meisten Leser bekannt sein müssen, es genügt zu sagen, dass
in Frankreich wie in jedem Lande, wo das bevormundende Prinzip
in Thätigkeit ist, die Regierung ein Monopol der ärgsten Art ein-
gerichtet hat, ein Monopol, womit sie in das Geschäft und in das
Herz der Menschen dringt, ihnen zu ihren täglichen Geschäften
folgt, sie mit ihrem klcinlichen Geiste der Einmischung stört, und
was das Aergste von Allen ist, ihre Verantwortlichkeit gegen sich
selbst vermindert, und sie so dessen beraubt, was die einzige wahre
Erziehung ist, die die meisten Menschen erhalten, der fort-
dauernden Nothwendigkeit, für ihre künftigen Bedürfnisse zu sor-
gen, und der Gewohnheit selbstständig mit den Schwierigkeiten des
Lebens zu kämpfen.
In Folge dessen sind die Franzosen, dieses grosse und glan-
zende Volk voll Feuer und Muth, mit aller möglichen Wissenschaft
ausgerüstet und vielleicht weniger als irgend ein anderes Land in
Europa von Aberglauben unterdrückt, immer unfähig gewesen,
politische Macht auszuüben. Und selbst wenn sie sie besessen
haben, sind sie nie im Stande gewesen, die Dauer mit der Freiheit
zu vereinigen. Eins von beiden hat immer gefehlt. Sie hatten
freie Regierungen ohne Bestand, sie hatten Regierungen mit Be-
stand, welche nicht frei waren. Wegen ihres furchtlosen Geistes
haben sie sich empört, und werden ohne Zweifel fortfahren, gegen
einen so argen Zustand sich zu empörenx") Aber man braucht
kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, dass wenigstens noch
43) "Auf die Ueberwachung der Zöglinge wird sehr viel Fleiss verwendet, dann
es ist ein Hauptgrundsatz der Französischen Erziehung, die Kinder nie sich selbst zu
überlassen." Report an geneml edzwatioaz in Frauen in 1842; in Journal of Statist.
S00. V, 20.
M) Ein ausgezeichneter Französischer Schriftsteller sagt: „La Fnmce soufre du
mal du sibale, alle m est plus malade qzüwuczon autre pays: ca mal c'est la [Lama de
Pauforitef." Oustine, Russie II, 136. Vergl. Reg, Science aociale II, 86, die An-
merkung.