Frankreich.
in England und
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Frankreich nahm in demselben Jahrhundert der bevormundende
Geist nur eine neue Form an; der Macht der Aristokratie folgte
zum grossen Thcil die Macht der Krone; und nun begann die Rich-
tung auf die Centralisation, welche zuerst unter Ludwig XIV. und
dann unter Napoleon noch weiter getrieben, und so die Pest des
Französischen Volkes geworden ist;3l') denn durch sie haben die
feudalen Begriffe von Ueberlegenheit und Unterwerfung jene bar-
barisehe Zeit, für die sie allein geeignet waren, lange überlebt. Ja
sie scheinen bei ihrer Uebersiedelung nur neue Kräfte gewonnen
zu haben. In Frankreich wird Alles auf Ein gemeinsames Centrum
zurückgeführt, und in ihm alle bürgerlichen Funktionen aufgesogen.
Alle Verbesserungen von irgend einer Wichtigkeit, alle Plane, selbst
zur Hebung des materiellen Wohls des Volks müssen die Geneh-
migung der Regierung erlangen, denn die Localbehörden hält man
für zu gering zu so schwierigen Unternehmungen. Damit die nie-
deren Behörden ihre Gewalt nicht missbrauchen, wird ihnen keine
Gewalt übertragen. Die Ausübung unabhängiger Gerichtsbarkeit
ist fast unbekannt. Alles was geschieht, muss im Hauptquartier
geschehenß") Die Regierung soll Alles sehen, Alles wissen und
39) Ueber die Politik Philipp's des Schönen siehe Mably, Observ. II, 25-44;
Boulaiozvilliers, Ancien gouvemement, I, 292, 314; II, 37, 38; Guizot, Oivilisation an
Fwmse IV, 170-192. Guizot sagt, seine Regierung wäre gewesen '„lw mätamorplrose
de Zu royautä m dcspotismß." Ueber den Zusammenhang desselben mit der Bewegung
zur Oentralisation siehe Ybaqueluillds Dämocratie I, 307: „1Le goüt de la cmtralisation
et la munie räglwnentairc remonfent m France ä Vejwque 0h les lrfqistes sont enträs
dans le gouverazennent; ce qm" azous repm-ie au tenzps de Philippe le Bel. Auch Tenne-
mann bemerkt, dass unter seiner Regierung die Reehtstheorie angefangen hätte, Ein-
fluss auszuüben. Aber dieser gelehrte Schriftsteller nimmt die Sache nur metaphy-
sisch und hat deshalb die allgemeinere sociale Richtung missverstanden. Gesch. der
Philosophie VIII, S23.
40) Da verschiedene Schriftsteller dieses System milde beurthailcn, z. B. Origincs
du drait fmngais in Oezwres de Mickelet II, 321, und Eschbaclz, Etudes de droit, 129,
wo er es „le systäme änergique de la cmtmlisation" nennt, so mag es nicht übel sein,
anzugeben, wie es in Wahrheit wirkt.
Bulwer, der vor 20 Jahren schrieb, sagt: I„Nicht nur kann eine Gemeinde nichts
über ihre eigenen Ausgaben bestimmen, ohne die Zustimmung des lVlinisters oder eines
seiner Beamten, die er dazu deputirt, sie kann auch nicht einmal ein Gebäude errich-
ten und die Kosten daüir festsetzen, ohne dass der Plan dazu von einem Bureau für
Staatsbauten, abhängig von der Centmlbehörde und unter deren Oberaufsicht und -Lei-
W115 alle öifentlichen Bauten im ganzen Königreich Stehen, genehmigt worden ist.
BulwßWS Monarchie of tlw middle ulasses, S35, H, 252- Toclluellille, der 1856 schrieb,
sagt; "raus Pomcien räginw, comme de nos jozws, i! n'y avait v-ille, bourg, villuge,