Frankreich.
England und
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dort war die wirkliche Theilung die zwischen Adeligen und Nicht-
adeligen, und so blieb kein Raum für die Gründung von Mittel-
klassen. Alle waren genöthigt in eine dieser grossen Abtheilungen
einzutreten. 36) Die Franzosen haben nie etwas gehabt, das
unsern Freisassen entspräche, und eben so wenig waren Freilehen
oder Erbzinslehen durch ihre Gesetze anerkannt. Und obgleich
sie den Versuch machten, municipale Einrichtungen in ihrem Lande
einzuführen, so scheiterten doch alle Anstrengungen dafür; denn
während sie die Formen der Freiheit nachahmten, fehlte ihnen der
kühne und standhafte Geist, der allein im Stande ist, die Freiheit
zu sichern. Ja sie hatten ihr Schattenbild, ihre Ueberschrift, aber
es fehlte ihnen das heilige Feuer, welches dem Bilde Leben ein-
haucht. Alles andere besasscn sie. Das Schaugepränge und die
Zubehör der Freiheit Waren da, Verfassungen wurden ihren Städten,
Privilegien ihren Magistraten luewilligt, jedoch Alles vergebens.
Denn nicht durch das Siegel und Pergament eines Rechtsverstän-
digen kann die Unabhängigkeit der Menschen gesichert werden.
Das sind blosse Aeusserlichkeiten, sie geben der Freiheit einen
vortheilhaften Anstrich, sie sind ihr Gewand und ihr Beiwerk, ihr
Anfange des 18. Jahrhunderts. Mit dem Verlust seiner 'Bedentung verlor er auch in
der Anzahl seiner Mitglieder; sie machten andern Leuten Platz, die an weniger Vor-
urtheile gewöhnt waren und sich daher besser für den neuen Zustand eigneten, in
den die Gesellschaft in dieser Zeit eintrat. Ich erwähne dies, weil manche Schrift-
steller der fast- gänzlichen Zerstörung der Freisassen (yeoman jreelwlders) mit Be-
dauern gedenken. Sie übersehen, dass ihr Verschwinden nicht die Folge irgend einer
gewaltsamen Revolution oder Anwendung willkürlicher Gewalt ist, sondern einfach ein
Ergebniss des Fortschritts der Dinge; die Gesellschaft setzt bei Seite, was sie nicht
länger braucht. Kayäs S00. cnndition of the peoplo I, 43, 602. Ein Brief Words-
worths in Bunburyis Oorresp. af Hammer 440; eine Anmerkung in MilFs Pol. 'ec.
I, 311, 312; eine andere in Nicholls's lIit. anec. V, 323; Sinclairk Oowesp. I, 229.
36) Dies wird als eine ausgemachte Thatsache von Französischen Schriftstellern,
die zu verschiedenen Zeiten lebten, und ganz verschiedene Ansichten hatten, aufge-
stellt; uber alle stimmen darin überein, dass es nur zwei Klassen gebe: "comme m
Fmnce on est toujomzs au noble, ou roturiär e! qu'il n'y a pas de milieu." Mäm- de
Rivarol 7. „Lu, grande distinction des nobles et des roturiers." Giraml, Prime de
Pancicn olroit, 10. Nach den eoutuones wurden sogar die Adeligen und die Roturiers
in verschiedenem Alter mündig. Klimrath, Hist. du droiyll, 249 (unrichtig angegeben
in Storyhs Oonjlict of laws, 56, '79, 114). Ferner über diese Hauptunterscheidung
Mäm. de Duplessis Momay II, 230; nagräable ä la noblesse et am peuplq" Oemzres
de Twywt VIII, 222, 232, 237; Buulzuryäv Oawesp. of Hanmer, 256; Mably, 063er.
vwiißnß 11T, 263; und Mereier Sur Ißousscazo, I, 38: „0n ätoit raturier, vilam komme
de wärmt, oanaillß des qu'on ne swzppeloil plus Marquis, Baron, Uomie, (Jlwvulier etc."