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dds bevormun denden
Geschichte
Geistes
gesetzten Interessen von Vernunft und Glauben, von Skepticismus
und Leichtglaubigkeit, von Fortschritt und Rückschritt, derer die
auf die Zukunft hoffen, und derer, die sich an die Vergangenheit
anklammern, darstellt.
Dies also ist der grosse Ausgangspunkt für die moderne Civili-
sation. Von dem Augenblicke an, wo die Vernunft, wenn auch noch
so schwach, ihre Oberhoheit geltend zu machen anfing, hat bei
jedem Volk die Wendung zum Bessern von seinem Gehorsam gegen
ihre Gebote, und von dem Erfolg, womit sie alle seine Handlungen
auf ihr Maass zurückgeführt hat, abgehangen. Umdaher die ur-
sprüngliche Abweichung Frankreichs von England zu verstehen,
müssen wir sie in den Verhältnissen suchen, die damals stattfan-
den, als diese, ich möchte sagen, grosse Empörung des Verstandes
zuerst deutlich zum Vorschein kam. Wenn wir nun wegen dieser
Untersuchung die Geschichte Europas in's Auge fassen, so finden
wir, dass gerade in dieser Periode das System des Feudalismus
entstand, ein ausgedehntes politisches System, welches bei all sei-
ner Schwerfalligkeit und Unvollkommenheit in mancher Hinsicht
den rohen Bedürfnissen des Volks entsprach unter dem es ent-
stand. 3) Der Zusammenhang zwischen ihm und dem Verfall des
theologischen Geistes ist sehr augenfällig. Das System des Feuda-
lismus war der erste grosse weltliche Plan, den man in Europa
seit der Bildung des bürgerlichen Gesetzes gesehen hatte. Es war
der erste umfassende Versuch, der seit mehr als 400 Jahren ge-
macht worden war, die Gesellschaft nach weltlichen und nicht nach
geistlichen Verhältnissen zu ordnen; denn die Grundlage der
ganzen Einrichtung war einfacher, Weise der Besitz von Grund-
3) Sir F. Palgrave, English commonwealtlz, II, p. CCVIISagt: "Es wird ge-
wöhnlich von den besten Autoritäten zugegeben, dass ungefähr W711 ll- Jahrhundelt
ßn Beneiizien den Namen Lehen oder Lehengüter erhielten, vjiqfis 01' feuclsß Und
Robertson, Stute of Europe, Anmerkung VIII in Wwks, 393, nimmt an, das Wort
„Feudum" komme vor 1008 nicht "vor, aber nach Gerizot, Oivilisaiion m Franoßlll, 238
erschien es zum ersten Mal in einem Patent von Karl dem Dicken aus dem Jahre 884,
Diese Fragirist mehr eine Sache der Curiosität als von Wichtigkeit, denn was auch
der Ursprung des Namens sein mag, die Suche existirte nicht und konnte nicht vor
dem 10. Jahrhundert existiren, da die vollständige Auüösung der Gesellschaft eine
Einrichtung mit so zwingenden Formen unmöglich machte. In einem andern Werke:
Essais am" Vhist. de Fromae 239, sagt Herr Guizot richtig: "au dixiänze siäle 1611]?-
meni les rnpports et las poewovfrs soeriaux acquircnt quelque ßxitä." Siehe auch seine
Uivilisation en Em-ope, 90.