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des
Geschichte.
Geistes
Franz.
keine Institution der Fluth und den Bewegungen der Gesellschaft
widerstehen kann, wenn sie nicht nur ihren Bau nicht ausbesselt,
sondern auch ihren Eingang nicht erweitert; und dass selbst ma-
teriell kein Land lange glücklich oder gesichert bleibt, in dem das
Volk nicht nach und nach seine Macht ausdehnt, sein Recht er-
weitert und sich so zu sagen in die Lebensäiusserungen des Staats
incorporirt.
Die Ruhe Englands und seine Beireiung vom Bürgerkriege
müssen der Anerkennung dieser grossen Wahrheiten zugeschrieben
werden, m) während ihre Vernachlässigung andern Völkern die
schmerzlichsten Leiden zugezogen hat. Aus diesem Grunde also,
wenn aus keinem andern wird es interessant einzusehen, wie es
kam, dass die beiden Völker, die wir verglichen haben, rücksicht-
lich dieser Wahrheiten so gänzlich entgegengesetzte Ansichten an-
nahmen, während in andern Dingen ihre Ansichten, Wie wir ge
sehen haben, sich sehr ähnlich waren. Mit andern Worten, wir
haben zu untersuchen, wie es kam, dass die Franzosen, nachdem
sie in ihrem Wissen, in ihrem Skepticismus, in ihrer Duldung grade
denselben Weg wie die Engländer eingeschlagen, in ihrer Politik
damit inne hielten; wie es kam, dass ihr Geist, der so Grosses
geleistet, für die Freiheit unvorbereitet war, dass trotz der helden-
müthigen Anstrengungen der Fronde sie nicht nur unter den Des-
potismus Ludwigs XIV. iielen, sondern nicht einmal daran dachten
sich ihm zu widersetzen, und zuletzt, Sklaven an Leib und Seele,
auf einen Zustand noch stolz wurden, "welchen der geringste Eng-
länder als eine unerträgliche Knechtschaft von sich gestossen haben
wurde.
Die Ursache dieser Verschiedenheit ist in jenem Geiste der
Bevormundung zu suchen, der so gefährlich und doch so scheinbar
ist, dass er das ernstlichste Hinderniss bildet, womit die fortschrei-
tende Civilisation zu kämpfen hat. Dieser, den wir mit Recht
einen bösen Geist nennen können, ist in Frankreich immer viel
stärker gewesen, als in England. Ja, er bringt noch heutiges
Tages unter den Franzosen die grössten Uebel hervor. Er ist, wie
m) D. h. ihre praktische Anerkennung; theoretisch werden sie noch von unzähli-
gen Politikern bestritten, die sie nichtsdestoweniger ausführen helfen, eifrig hoffend,
jede Neuerung werde die letzte sein, und andere zur Reform verlockend unter dem
Vorwandefdass sie "mit jeder Neuerung zu dem Geiste der Alt-Britischen Verfassung
zurückkehren.