Volltext: Geschichte der Civilisation in England (Bd. 1, Abth. 2)

VOIII 
zum '18. J ahrh. 
bis 
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Länder befolgten die nämliche Ordnung der Entwickelung in ihrem 
Skepticismus, in ihrer Wissenschaft, in ihrer Literatur und in ihrer 
Toleranz. In _beiden Ländern brach ein Bürgerkrieg aus  zu 
derselben Zeit, zu demselben Zweck und in mancher Hinsicht unter 
denselben Verhältnissen. In beiden waren die Aufständischen zuerst 
siegreich und wurden hernach geschlagen; und nach der Nieder- 
lage des Aufstandes wurden die Regierungen-beider Völker fast 
in demselben Augenblick- völlig wieder hergestellt: 1660 durch 
Karl 11., 1661 durch Ludwig XIV. 168) Aber da hört die Aehn- 
lichkeit auf. An diesem Punkte beginnt eine entschiedene Ab- 
weichung der beiden Völker von einanderfli") die langer als ein 
Jahrhundert immer im Zunehmen blieb, bis sie in England in Be- 
festigung der Nationalwohlfahrt, in Frankreich in einer Revolution 
endete, die blutiger, gründlicher und zerstörender war, als die Welt 
je eine gesehen hatte. Diese Verschiedenheit in den Schicksalen 
so grosser und civilisirter Völker ist so merkwürdig, dass eine Ein- 
sieht in ihre Ursachen zum Verständniss der Europäischen Ge- 
schichte wesentlich wird und auch andere Ereignisse, die nicht 
unmittelbar damit zusammenhängen, bedeutend aufklart. Ausserdem 
hat diese Untersuchung unabhängig von ihrem wissenschaftlichen 
lnteresse einen grossen praktischen Werth. Sie wird zeigen, was 
man erst ganz neuerlich, wie es scheint, zu verstehen anfängt, dass 
man für die Politik noch keine festen Principien entdeckt hat und 
dass daher die ersten Bedingungen des Erfolgs, Abfindung, Ver- 
gleich, Zweckmassigkeit und Zugestandniss sind. Sie wird die 
gänzliche Hüliiosigkeit selbst der ausgezeichnetsten Herrscher zei- 
gen, wenn sie es versuchen neuen Ereignissen mit alten Maximen 
zu begegnen. Sie wird den genauen Zusammenhang zwischen 
Wissenschaft und Freiheit, zwischen wachsender Civilisation und 
Aufnahme der Demokratie zeigen. Sie wird zeigen, dass eine 
progressistische Nation eine progressistische Politik braucht; dass 
in gewissen Grenzen Neuerung die einzig sichre Basis ist; dass 
L 
268) Bis zu seinem Tode 1661 behielt Mazarin volle Autorität über Ludwig XIV. 
Siehe Siäcle de Louis XI V., Oeuv. de Voltaire XIX, 318, 319; Lßwlllläß, Hist- de! 
Franfißis III, 195: so dass, wie Montglat sagt, Mefm. III, 1111 "Ü" doü WPI79ZW' v? 
(emjes-lä le commencement du rägne de Louis XI V." Die pomphafte Weise, in de: 
8181011 nach Mazarins Tode der König die Regierung übernahm, wird von Brienne, der 
Jißbei war, erzählt. Mäm. de Briemze II, 154-158- 
269) Darunter verstehe ich, dass die Abweichung jetzt erst jedem Beobachter klar 
wurde; ihr Ursprung fällt viel früher, wie wir im folgenden Kapitel sehen werden.
	        
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