Volltext: Geschichte der Civilisation in England (Bd. 1, Abth. 2)

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Geschichte 
des Franz. 
Geistes 
neten Männer wurden alle mit Recht in ihrem Vaterlande gefeiert, 
und vielleicht wäre es gehässig einen Vergleich zwischen ihnen 
anzustellen. Was Wir hier aber zu bemerken haben, ist, dass in 
demselben Fach jedesmal die grössten Engländer den grössten 
Franzosen um viele Jahre vorangehen. Dieser Unterschied kehrt 
in allen Hauptfächern viel zu regelrnässig wieder, als dass er für 
zufällig gehalten werden könnte. Und da heutiges Tages wenig 
Engländer so anmassend sein werden, dass sie glauben sollten, 
Wir besässen irgend einen angebornen geistigen Vorzug vor den 
Franzosen, so leuchtet ein, dass eine entschiedene Eigenthümlich- 
keit vorhanden sein muss, durch die sich die beiden Länder unter- 
scheiden und durch die dieser Unterschied nicht in ihrer Wissenschaft, 
sondern in der Zeit, zu welcher diese Wissenschaft in's Leben trat, 
hervorgebracht wurde. Und die Entdeckung dieser Eigenthümlich- 
keit erfordert keinen grossen Scharfsinn. Denn obgleich die Fran- 
zosen langsamer als die Engländer waren, so zeigten sich doch, 
als die Entwickelung einmal ordentlich begonnen hatte, die Bedin- 
gungen ihres Erfolges bei beiden Völkern als die nämlichen. Die 
Verspätung der Entwickelung muss also von der Verspätung der 
Bedingung abhängen. Es ist klar, die Franzosen wussten weniger 
weil sie mehr glaubten. im) Es ist klar, dass ihr Fortschritt durch 
das Vorherrschen der Gemüthsverfassung aufgehalten wurde, die 
aller Wissenschaft verderblich wird, weil sie durch die Ehrfurcht 
vordem Alterthum, als der Schatzkammer aller Weisheit, die Qregen- 
wart erniedrigt, um den Werth der Vergangenheit zu überschätzen; 
eine Denkweise, welche die Aussichten des Menschen zerstört, seine 
Hoffnungen erstickt, seine Wissbegierde kühlt, seine Energie dämpft, 
sein Urtheil schwächt und unter dem Vorwande, den Stolz seiner 
Vernunft zu demüthigen, ihn in jenes tiefe mitternäehtliche Dunkel 
zurückstürzen will, aus der er allein mit Hülfe seiner Vernunft auf- 
tauchen konnte. 
Die Analogie, die also zwischen Frankreich und England be- 
steht, ist in der That sehr auffallend und scheint, so weit wir sie 
bis jetzt betrachtet, in allen Theilen vollständig zu sein. Beide 
167) Einer der ausgezeichnetsten Männer unter ihnen bemerkt diesen Zusammen- 
hang, den er umgekehrt, aber ebenso richtig ausdrückt: "moins an sait, moins an 
(laute; moim an a däoouvert, moins an voit oe qm! raste ä däaouvrir     Quand leg 
hommes samt ignormzs, ü est aisä de tout sewoir." Discüurs m Sorbonne, in Oeuvres 
de Turyot II, 65, 70.
	        
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