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überein, dass beide wesentlich weltlich waren und nicht aus dem
Wunsch, religiöse Meinungen zu verbreiten, sondern bürgerliche
Rechte zu sichern entsprangen. Den weltlichen Charakter des Eng-
lischen Aufstandes habe ich schon hervorgehoben, und er muss in
der That Jedem auffallen, der die Quellen gelesen hat. In Frank-
reich finden wir nicht nur denselben Erfolg, sondern können auch
die Stufen seines Fortschritts bemerken. In der Mitte des 16.Jahr-
hunderts und unmittelbar nach dem Tode Heinrichs III. entspran-
gen die Französischen Bürgerkriege aus religiösen Streitigkeiten
und Wurden mit dem Eifer von Kreuzzügen geführt. Gleich im
Anfange des 17. Jahrhunderts brachen Wieder Feindseligkeiten aus,
aber obgleich die Regierung ihre Macht gegen die Protestanten zu
richten hatte, geschah dies doch nicht, weil sie Ketzer, sondern
weil sie Rebellen waren; und der Zweck war nicht, einen Glauben
zu strafen, sondern eine Partei im Zaume zu halten. Dies war die
erste grosse Stufe in der Geschichte der Duldung, und vollzog sich,
wie wir schon gesehen haben, unter der Regierung Ludwigs XIII.
Während der folgenden Generation entstanden die Kriege derFronde,
und in ihnen, die wir die zweite Stufe der Französischen Geistes-
entwickelung nennen können, war die Veränderung noch merk-
würdiger, denn unterdessen hatten die Prinzipien der grossen
skeptischen Denker von Montaigne bis Descartes ihre natürlichen
Früchte getragen. Sie waren unter den Gebildeten verbreitet wor-
den, und hatten, wie immer, nicht nur auf die, bei denen sie Ein-
gang gefunden, sondern auch auf die, von denen sie verworfen
worden, gewirkt. Ja, die blosse Kunde von der Thatsache, dass
die ausgezeichnetsten Männer die Meinungen, die in einer Zeit gang
und gebe sind, bezweifelt haben, wird nie verfehlen bis zu einem
gewissen Grade die Ueberzeugungen selbst derjenigen zu stören,
die sich über diese Zweifel lustig machen. m) In solchen Fällen
ist kein Glaube sicher; selbst der stärkste wird ein wenig erschüt-
tert werden; diejenigen, welche äusserlich den Schein der Recht-
gläubigkeit beibehalten, schwanken oft, ohne es zu wissen; sie
L
Dugald Stewart, Philos. of the mind I, 357, Sagt! "Nichts kann üßhfiger
sein als die Bemerkung Fontenelles: die Zahl derer, die an ein System, das in der
Welt gilt, ghmben, fügt nicht das Geringste zu seiner Glaubwürdigkeit hinzu, aber
die Zahl derer, die daran zweifeln, führt dazu, diese Glaubwürdigkeit zu venniiulern."
Vergleiche lvewmßn, On developnzent, London 1845, S. 21; und die Benxerkuag von
Hylas in Berkelegjs Werks, edit. 1843, I, 151, 152.