30 Hülfsquellen bei der Gesehichtsforschung.
erblicken vermögen, wer dies einsieht, und damit zugleich den
Schlüssel und die Grundlage der Geschichte besitzt, den werden
die eben angeführten Thatsachen so wenig befremden, dass er sie
vielmehr geradezu erwartet haben wird als etwas, was langst hätte
bekannt sein sollen. Ja, der Fortschritt der Untersuchung wird so
reissend und so ernsthaft, dass ich kaum daran zweiile, ehe noch
ein Jahrhundert verstreicht, wird die Reihe der Beweise vollständig
und eben so selten ein Historiker zu finden sein, der die stete
Regelmässigkeit der sittlichen Welt leugnet, als jetzt ein Philosoph
zu finden ist, der den gesetzmässigen Gang der natürlichen Welt
in Abrede stellt.
Die angeführten Beweise für den gesetzmässigen Verlauf unserer
Handlungen sind, wie wir gesehen, aus der Statistik genommen,
einem Wissenszweige, der zwar noch in seiner Kindheit ist, aber
schon mehr Licht über das Studium der menschlichen Natur ver-
breitet hat, als alle Wissenschaften zusammen") Aber obgleich
die Statistiker die Ersten gewesen sind, die diesen grossen Gegen-
stand einer Untersuchung unterzogen naeh der Methode, die in an-
deren {fächern sich erfolgreich gezeigt; und obgleich sie mittelst
ihrer Zahlen einen mächtigen Hebel zur Ermittelung der Wahrheit
darauf angewendet, so dürfen wir doch darum nicht annehmen,
dass es nicht noch andere Hülfsmittel giebt, Wodurch er ebenfalls
gefördert werden kann, noch dürfen wir den Schluss ziehn, dass
die Naturwissenschaften, weil sie bis jetzt noch nicht auf die Ge-
37) Achenwall soll in der Mitte des 18. Jahrh. der Statistik ihren Namen gegeben"
haben und wird gewöhnlich als der erste systematische Schriftsteller in dieser Wissen-
schaft betrachtet. Siehe Lewis, Methods of observai-ion am! reasrming inp0lilics1852,
vol. I, p. 72; Biographie universelle, vol. I, p. 140; Dufau, Traitä de statistique p. 9,
10. Noch 1800 schrieb der Bischof von Llandaif an Sir John Sinclair: "Ich muss
Sagen, England ist Ihnen höchlich verpflichtet dafür, dass Sie eine Wissenschaft (die
Statistik) eingeführt haben, die hier völlig neu ist, obgleich sie es anderwärts in
Europa nicht ist." Sinclaia-Ks Oowespondencc vol. I, p. 230. Sinclair war iieissig, aber
ein Mann von geringen Gaben, und verstand die wahre Bedeutung der Statistik ganz und
gar nicht, er sah sie nur aus dem praktischen Gesichtspunkt an. Seitdem ist die
Statistik in ausgedehnten! lilaasse auf die Medicin angewendet worden, und noch Später
in geringerem Mansse auf Philologie und Jurisprudenz. Beuillaud, Phil. mädicale p. 96,
186; Renouard, Hist. de la mäd. vol. II, p. 474, 475; _Esqm'rol, Mrlladies mentales
vol. II, p. 665-667; Hollancfs Medical notes, p. 5, 472; Vogel's Pathologische Ana-
tomie, S. 15-17; Simon's Pathologie, S. 180; Phillzpa On scrqfulß p- 70, 118, etc.;
Prioharafa Physic. hist. of mankind, vol. IV, p. 414; Eschbach, Eiude du droit
p. 392-394.