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Hülfsqucllen bei der
Geschichtsforschung.
sonderte; sie ist fremder Störung entzogen und ist augenschein-
licher das Ergebniss seines eigenen Entschlusses, als irgend ein an-
deres Verbrechen es sein könnte. Zudem wird der Selbstmord selten,
wie andere Verbrechen, auf Antrieb von Genossen verübt; und der
Einfluss einer grossen Klasse äusserer Verbindungen, die den freien
Willen umstricken könnten, fällt weg. So mag es sehr natürlich
für unthunlich gelten, den Selbstmord auf allgemeine Principien
zu ziehen oder irgend etwas wie Regelmässigkeit in einem Ver-
brechen zu entdecken, welches so excentrisch, so abgesondert, der
Gesetzgebung so unerreichbar ist und welches die wachsamste P0-
lizei nicht vermindern kann. Sodann steht unserer Ansicht noch ein
anderes Hinderniss im Wege: selbst der beste Nachweis über den
Selbstmord muss immer sehr unvollkommen sein. In Fällen, Wo
Leute ertrinken, können Todesfälle leicht als Selbstmorde aufge-
führt werden, die zufällig sind; während umgekehrt manche für
Unglücksfälle ausgegeben werden, die freiwillig sindßß) So er-
scheint der Selbstmord nicht nur als etwas Willkürliches und Un-
fassbares, sondern auch als etwas sehr schwer Festzustellendes;
und aus allen diesen Gründen sollte man vernünftiger Weise daran
verzweifeln, ihn jemals auf jene allgemeinen Ursachen zurückzu-
führen, durch die er herbeigeführt wird.
Bei diesen Eigenthümlichkeiten dieses seltsamen Verbrechens
ist es wahrlich eine erstaunliche Thatsache, dass alle Zeugnisse,
die wir besitzen, zu einem grossen Schlüsse hindrängen und uns
nicht in Zweifel darüber lassen können, dass der Selbstmord ledig-
lich das Erzeugniss des allgemeinen Zustandes der Gesellschaft ist,
und dass der einzelne Frevler nur das verwirklicht, was eine noth-
Geschworene nehmen keinen Anstand ihren Eid zu brechen durch die Erklärung, der
Selbstmörder wäre nicht zurechnungsfähig oder wahnsinnig gewesen. Bmihaanäs Werks I,
479, 480, Selbstmorde, welche die Unmöglichkeit zeigen, die Absicht des entschlosse-
nen Individuums zu vereiteln, sind solche Fälle, wenn Personen durch Anhalten des
Athems oder durch Verschluckung ihrer eigenen Zunge ihren Zweck erreichten. Elliot-
son's Human pkysioloyy p. 491, 492.
96) Dies findet auch auf andere Fälle als das Ertrinken Anwendung. Siehe Tay-
loräs Medical jurisprztdence 1846, p. 587, 597 und Esqzciq-ol, Maladies mentales I,
575._ Von einem Drittel bis zur Hälfte aller Selbstmorde gehen die durch Ertränkung.
Dufau, Traitä de statistique p. 304; Wnslooxfs Anatamy of suicidß 1840, p. 277;
Quetelet, Statistique morale p. 66. Eine Menge davon sind jedoch ohne Zweifel un-
freiwillige Todesfxille, und die gemeine Meinung dehnt die Zeit offenbar viel zu lang
aus, die man unter Wasser aushalten kann. Brodiefs Sw-gery 1846, p. 89-92.