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des
Geschichte
Engl.
Geistes
punkte, die er von Baco geerbt, und die in den letzten beiden
Jahrhunderten jeder gehegt hat, der irgend etwas Bedeutendes zu
_dem Besitz menschlicher Wissenschaft hinzugefügt hat. Erst zu
zweifeln," e) dann zu untersuchen und dann zu entdecken, das ist
der Gang gewesen, den unsere grossen Lehrer überall genommen
haben. Boyle fühlte dies so stark, dass er, der ein ungemein
religiöser Mann warf 3) seinem populärsten wissenschaftlichen Werk
den Titel: „Der skeptische Chemiker" gab. Damit wollte er zu
verstehen geben, dass Niemand in der Laufbahn, die er vor sich
hätte, weit kommen würde, wenn er sich nicht skeptisch gegen die
Chemie seiner Zeit verhielte. Auch können wir uns der Bemerkung
nicht erwehren, dass dieses merkwürdige Werk, in dem die alten
Begriffe so sehr über den Haufen gestossen wurden, 1661, ein
Jahr nach der Thronbesteigung Karls II. erschien," 4) unter dessen
Regierung der Unglaube sich in der That rasch verbreitete, denn
er zeigte sich nicht nur unter den denkenden Leuten, sondern selbst
72) BoyleCs W orks I, 197. Dort sagt er in seinen Considerations to-awhmg experi-
mental essays: "Vielleicht wirst Du Dich wundern, Pyrophilus, dass ich fast in allen
folgenden Abhandlungen so zweifelnd spreche und so oft die Wörter vielleicht, es
scheint, es ist nicht unwahrscheinlich und andere Ausdrücke, die ein Misstrauen in
meine Ansichten ausdrücken, gebrauche." Diesem Geist freilich begegnet man auf
jeder Seite; so ist seine Abhandlung über die Krystalle, in Betracht des damaligen
Zustandes der Wissenschaft, eine merkwürdige Erscheinung, betitelt: Doubts und ex-
periments touching the curious figurcs of salts." Werks II, 488. Humboldt in seinem
Kosmos II, 730 nennt ihn daher mit gutem Recht den vorsichtigen und zweifeln-
den Boyle.
73) Ueber Boyle's aufrichtiges Christenthuxn siehe Bumefs Lives rmd dem-aalen!
351-360; Life qf Km 63; a layman I, 32, 33; TVIzewcZPs Briclgewaier trcaties 273.
Er versuchte verschiedentlich die wissenschaftliche Methode mit der Vertheidigung der
gesetzlich geltenden religiösen Meinungen in Einklang zu bringen. So Werks V, 38, 39.
74) Der Scepticul clwnzist findet sich Werks I, 290-371. Es erlebte zwei Auf-
lagen bei Lebzeiten des Verfassers, ein ungewöhnlicher Erfolg für ein Buch der Art.
Works I, 375, IV, 89, V, 345. Ich sehe aus einem Briefe von 1696, Fairfax, (l'or-
respondence IV, 344, dass Boyle's Werke damals selten wurden und dass man die
Absicht hatte, sie alle wieder zu drucken. Sein Skeptischer Chemiker war so populär,
dass er die Aufmerksamkeit von Monconys, einem Französischen Reisenden, erregte,
der London 1663 besuchte und von dem wir erfahren, dass es für 4 Schilligiäizu
haben war. Voyage de Monconys III, 67, iAusgabe von 1695. Dies Buch enthält
merkwürdige Thatsachen über London unter der Regierung KarYs II, ist aber, so viel
ich weiss, von keinem Englischen Historiker angeführt werden. In Sprenyefs Hist.
de Iw mädecine V, 78-79 findet sich ein Auszug der Ansichten, die der skeptische
Chemiker vertheidigte, über die Sprengel sagt: "und in England erhoben sich auch
die ersten Zweifel über die Genauigkeit der chemischen Erklärungen."