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bis zum
18. J ahrh.
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Im weiteren Verfolg des geistigen Fortschritts in England wer-
den wir das ganze Gewicht dieser Bemerkungen einsehen. Ein
allgemeiner Geist der Forschung, des Zweifels und selbst der Auf-
lehnung begann die Gemüther der Menschen zu erfüllen. In den
Naturwissenschaften befähigte sie dies beinahe mit einem Schlage
die alten Fesseln abzuwerfen und Wissenschaften hervorzubringen,
die nicht auf althergebrachten Begriffen, sondern auf eigener
Beobachtung und eigenen Experimenten beruhtenßs) In der Po-
litik regte es sie an sich gegen die Regierung zu erheben und
endlich ihren König auf das Schaffot zu bringen. In der Religion
machte sich dieser Geist in tausend Seeten Luft; jede von ihnen
Vcrkündigte und oft übertrieb sie die Anwendbarkeit der freien
Forsehungß 9) Die Einzelheiten aus dieser grossen Bewegung bilden
einen der interessantesten Theile der Geschichte von England; aber
ohne vorweg zu nehmen, was ich nachher zu erzählen habe, will
an nzodern ltistary 210, 211. Wenn man Dr. Arnold's Talent, seinen grossen Ein-
fluss, seinen Stand, sein bisheriges Leben und den Charakter der Universität, an der
er sprach, in Betracht zieht, so muss man zugeben, dass dies eine merkwürdige
Stelle ist und dass sie wohl die Aufmerksamkeit derer verdient, welche die Richtung
des Englischen Geistes in unserer Generation kennen lernen wollen.
48) Uebcr das Verhältniss zwischen dem Aufschwung der Bacdsehen Philosophie
und der Aenderung, die im theologischen Geiste vor sich ging, vergl. Oonzte, Philo-
sophie possttt-vo V, 701 mit TVlmtcZey, On tlunyers to Christian fatth 148, 149. Sie
begünstigte, wie 'l'ennen1ann (Gesetz. der Pltilos. 14) sagt: „Die Belebung der selbst-
thätigen Kraft des menschlichen Geistes." Daher der Angriff auf die inductive Philo-
sophie in Ncwmmfs Develapment of Christian doctrin 179-183. Aber Herr Newman
scheint nicht zu merken, wie unwiderruflich wir an die Bewegung gebunden sind, die
er wieder rückwärts zu wenden wünscht.
'19) Die reisscnde Zunahme der Ketzerei in der Mitte des 17. Jahrhunderts ist
sehr bemcrkenswerth und beförderte die (Zivilisation in England dadurch, dass sie
der Gewohnheit des unabhängigen Denkens Vorschub leistete, ungemein. Im Februar 1646
schreibt Boylc E118 Lolldßll: „Hier vergeht selten ein Tag, den man nicht mit Recht
anklagen könnte, dass er eine neue Ansicht braute oder aufs Tapet brächte. Ja,
einige sind darin so sorgfältig wenkelmüthig, dass sie jede Ansicht nur einen 'l'ag
lang anerkennen und nach einem oder zwei 'l'a.gen es kaum noch der Mühe werth
echten, sie festzuhalten. Wenn irgend Jemand seinen Glauben verloren hat, schicke
man ihn nach London und ich verbürge ihm, hier wird er ihn wieder finden. Ich
hätte bald hinzugesetzt, und wenn irgend Jemand einen Glauben hat, so möge er
jetzt hierher kommen und er ist ziemlich sicher, ihn los zu werden." Biwak, Lzfe of
Boylc in Boylds Werks I, 20, 21. Siehe auch Bates, Account qf tlw latc tronbles,
edit. 1685, II, 219, über „Jene zügellose Frechheit der Ketzer, die alle Tage grösser
wird." Oarlyleäs Oronnuetl I, 289; Hallmn, Gunst. Inst. I, 608; Oarwttlzeafs Hist. of
the clturelz. af England II, 203; "die Seetirer zeigten sich in Schwärmen."