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bis zum
J ahrh.
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und dass wir der Wahrheit unserer Principien nicht gewiss sein
können, bis wir gehört haben, was von der andern Seite gesagt
werden kann. Nach der alten theologischen Theorie war es leicht,
die grausamste Verfolgung zu rechtfertigen. Wenn Jemand wusste,
dass seine Religion die einzig wahre sei und wenn er ebenfalls
wusste, dass wer in einem andern Glauben stürbe, ewig verdammt
wäre, wenn er dies über alle Möglichkeit eines Zweifels erhoben
sah, so konnte er mit Recht zu dem Schluss kommen, dass es
eine Wohlthat sei, den Leib zu strafen, um die Seele zu retten
und unsterblichen Geschöpfen ihre künftige Seligkeit zu sichern,
selbst durch die Anwendung eines so harten Mittels, als der Strang
und der Scheiterhaufen ist! 4) Aber wenn man denselben Mann
denken lehrt, dass religiöse Fragen ebensowohl durch Vernunft
als durch den Glauben zu entscheiden seien, so kann er sich kaum
der Ueberlegung entziehen, dass die Vernunft auch der grössten
Geister nicht unfehlbar sei, da sie die ausgezeichnetsten Männer
zu ganz entgegengesetzten Schlüssen geführt hat. Diese Idee, ein-
mal im Volke verbreitet, muss nothwendig sein Betragen bestimmen.
Keiner, der gesunden Menschenverstand und das gemeinste Rechts-
gefühl besitzt, wird es wagen, die schärfsten Strafen des Gesetzes
gegen einen Andern seines Glaubens wegen zu verhängen, wenn
er weiss, dass seine eigenen Ansichten unrichtig und die Ansichten
dessen, den er bestraft, richtig sein können. Von dem Augen-
blick, wo religiöse Fragen dem Glaubensgericht entschlüpfen und
sich der Gerichtsbarkeit der Vernunft unterwerfen, wird Ketzerver-
folgung ein Verbrechen der schwärzesten Art. So war es in Eng-
land im 17. Jahrhundert. Als die Theologie sich mehr der Ver-
nunft näherte, wurde sie Weniger zuversichtlich und dadurch mensch-
licher. Siebzehn Jahre nach der Veröffentlichung des grossen Werkes
von Hooker wurden zwei Menschen von den Englischen Bischöfen
wegen ketzerischer Meinungen öffentlich verbrannt; H) aber dies
14) Erzbischof Whately hat einige gute Bemerkungen über diesen Gegenstand ge-
macht. Siehe sein Buch: Errors of Romanism, lmoed io their arigin in human na-
tura 237, 238.
45) Ihre Namen waren Legat und Wightman und sie wurden verbrannt im Jahre 1611.
Siehe den gleichzeitigen Bericht in Somefs Traots II, 400-408; und Blaoksionds
Commgnt. IV, 49; Hai-Ms, Lives of the Stuarts I, 143, 144 und die Anmerkung in
Burtonäs- Diary I, 118. Ueber diese Märtyrer ihres Glaubens sagt Herr Hallam: Der
erste wurde von King, Bischof von London, der zweite von Noyle, Bischof von Litch-
Held, verbrannt. Urmst. hist. 1, 611, 612.