bei
Hülfsquellen
der Geschichtsforschung.
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nen uns das Bewusstsein, einen freien Willen zu besitzen, nicht rau-
ben. 1 Nun erfordert das Dasein dieser höchsten Entscheidung,
die so aller gewöhnlichen Art zu schliessen Trotz bietet, zwei An-
nahmen, von denen die erste, obgleich vielleicht richtig, nie bewie-
sen worden, und die andere ohne Zweifel unrichtig ist. Diese An-
nahmen sind, dass es ein unabhängiges Vermögen, Selbstbewusst-
sein genannt, giebt, und dass die Entscheidungen dieses Vermö-
genS unfehlbar sind. Nun ist es fürs Erste keineswegs ausgemacht,
dass Selbstbewusstsein ein Vermögen ist; und einige der vorzüg-
lichsten Denker sind der Ansicht, dass es nur ein Zustand oder
eine Geistesverfassung sei. M) Wenn sich dies als Thatsache er-
geben sollte, so ist die Lehre unhaltbar; denn zugegeben dass alle
H) Johnson sagte zu Boswell, „O, wir wissen unser Wille ist frei, und damit
gut." Boswelliv liefe of Johnson, ed. Croker, 1848, p. 203. „La question: Sommes
nous libres? me purait au-dessous de la disczlssiovz. Elle es! räsolue pur le lävnoignage
de la comciencc attestunt que dans certdins ms nous pouwions faire le coutmire de
ca quß nous jizisons." Cousin, Ilisi. de la philosophie I. Serie, vol. I, 190, 191. "Die
lüeiheit des Menschen, als moralischen Wesens, gründet sich auf das sittliche Bewusst-
sein." Tennemann, Geschichte der Philosophie Bd. 5, S. 161. Dass dies der einzige
Grund iiir den Glauben an die Freiheit des Willens ist, ist so einleuchtend, dass wir
keine Rücksicht zu nehmen brauchen weder auf Philo's mystischen Beweis (Ritter,
Alte Philosophie Bd. IV, S. 447), noch auf den physischen von den Monaden des Ba-
silides (Beausobre, IIzlvt. du Manichöe, vol. II, p. 23), und noch weniger auf den Be-
weis von Bardesanes, der die Freiheit durch die Verschiedenheit in den Sitten zu be-
weisen dachte. Matter, Hist. du gnosticisvne, vol. I, p. 323. Vergl. Bunlaclfs Play-
siologie als Eofaltrungscvissenschaft Bd. V, zu Anf.
n) James Mill, Analysis of the miml vol. I, p. 171, 172 sagt, Selbstbewusstsein
und Glauben seien dasselbe und viel Irrthum sei daraus entsprungen, dass man „Selbst-
bewusstsein eine von andern Wahrnehmungen verschiedene Wahrnehmung (feeling) ge-
nannt habe." Nach Locke (Essay cancerniozg hwmm understanding, boolc II, ch. I,
Werks vol. I, p. 89) ist "Selbstbewusstsein die Wahrnehmung (peroeption) dessen, was,
in eines Menschen eignem Geiste vorgeht." Brown (Plailosophy of the mind, p. 67, 68)
leugnet, dass das Selbstbewusstsein ein Vermögen sei, und Sir W. Hamilton klagt dar-
über, „dass Reid das Selbstbewusstsein zu einem besondern Vermögen erniedrige."
Noles to Reidäs Werks, p. 223, 297, 373. Cousin, Hist. de la plzilos. II. Serie,
vol. I, p. 131 sagt, das Selbstbewusstsein sei „ein complieirtcs Phänomen"; und auf
der 94. S., es sei ;,die nothwendige Bedingung der Erkenntniss", während ein noch
späterer Schriftsteller Jobert in s. New Syst. qf philosophy v01- I, P- 25 erklärt:
"dass wir das Bewusstsein unsers Selbstbewusstseins haben, ist gewiss." Die Darstel-
lung im Alciplzlron, Dial. VII, Berkelcgfs lWorks, vol. I, p. 505, 506, ist eben so un-
befriedigend, und was die Frage noch mehr verwirrt, ist, dass man jetzt ein "doppel-
tes Selbstbewusstsein" entdeckt hat. Elliotsonäsv Pllysiology, p. 367-369, 1165;
Mayds Physiology, P- 195, 196; Prickarzfs Treatise on insanily, p. 450, 451; Gar.
pentea": Human physiology, p. 379.