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der Geschichte und Zustand
Ursprung
und oft aus Reimen bestehenßß) Das Geklingel gefällt dem Ohr
des Barbaren und gewährt eine Sicherheit dafür, dass er es seinen
Kindern in unverändertem Zustande überliefern wird") Diese
Sicherheit gegen Irrthum erhöht noch den Werth dieser Balladen
und von einer blossen Unterhaltung erheben sie sich zu einer rich-
terlichen Autorität! 5) Die Anspielungen, welche sie enthalten, sind
ausreichende Beweise, um die Verdienste und die Rangstreitigkeiten
43) Es ist ein auffallender Beweis der Nachlässigkeit, womit man die Geschichte
der barbarischen Nationen studirt hat, dass die Schriftsteller fortdauernd versichern,
der Reim sei eine verhältnissmässig neue Erfindung, und selbst Pinkerton (Literary
oorrespondence II, 92) sagt in seinem Briefe an Laing von 1799, „der Reim war in
Europa bis zum 9. Jahrhundert unbekannt." Die Wahrheit ist, dass der Reim nicht
nur den alten Griechen und Römern bekannt war, sondern auch viel früher, als er
angiebt, bei den Angelsachsen, bei den Irländern, bei den Wälschen und ich glaube
auch bei den Britanniern bekannt war. Mnre, Hist. of the litt. of Greeee II, 113;
Hallenz, Lit. qf Eurape I, 31; Villemarquä, Chants popnlaires de la Bretagne I, 58, 59;
Souvestre, Les derniers Bretons 143; Turner, Hist. of England III, 383, 643, VII,
324, 328, 330. Der Reim ist auch in Gebrauch bei den Fanties; Bowdich, Mission
to Ashaniee 358. Von den Persern wird er gebraucht; Transac. of Bombay soc.
II, 82; von den Chinesen, Transac. of Asiatin soc. II, 407, 409 und Davis, Chinese
II, 269; von den Malayen, Asiatic researclaes X 176, 196; von den Jevanern, Oraw-
furd, Hist. qf the Indien Archzpelago II, l9, 20, und von den Siamesen, Transac.
of Asiatic soe. III, 299.
44) Die so erlangte Gewohnheit überlebt lange die Umstände, die sie nothwendig
machten. Viele Jahrhunderte lang war die Neigung zur Versiiication so weit verbreitet,
dass selbst in Europa fast über alle Gegenstände Reime gemacht wurden, und diese
Gewohnheit, ein Zeichen überwiegender Phantasie, ist, wie ich gezeigt habe, ein
Charakterzug der grossen Indischen Civilisation, wo der Verstand immer unterdrückt
war. Ueber alte Französische Historiker, die in Reimen schrieben, s. Monteil, Hist.
des divers etats VI, 147. Montucla (Hist. des mathemat. I, 506) erwähnt eine mathe-
matische Abhandlung aus dem 13. Jahrhundert in Versen (en wen: techniqnes). Vergl.
die Anmerkungen von Matter, Histoire dc Z'e'cole dbilexandrie II, 179-183 über die
wissenschaftliche Poesie von Aratus und Seite 250 über die von Hygin. So linden
wir auch einen Anglo-Nonnannen, der die Institutionen von Justinian in Verse brachte;
Znrnefs Hist. of England VII, 307; und einen Polnischen Historiker, der seine
vielen Werke über Genealogie und Heraldik meist in Reimen schreibt. Talvi, Languaye
und literamre of the Slavio netions 246; vergleiche Origines du droit frangais in
Oemzres de Michelet II, 310.
45) Ellis, ein Missionar auf den Südseeinseln, sagt von den Einwohnern: Ihre
überlieferten Balladen waren eine Art Regel und elassische Autorität, die sie anführ-
ten, um jede streitige Thatsache in ihrer Geschichte festzustellen, und in zweifelhaften
Fällen konnten sie nur eine mündliche Ueberlieferung der andern entgegensetzen, de.
sie keine schriftlichen Aufzeichnungen besassen. Ellis, Polynesian researclzes I, 202,
203; Eüalnnstooze, Hist. of India 66; Laing, Heianskringlw I, 53, 51; TwelV-Y Lvfe
of Pococl: 143. .