Volltext: Geschichte der Civilisation in England (Bd. 1, Abth. 1)

Literatur und Staats: 
uegierun g. 
245 
setze für die Industrie ihr nur Schaden gethan haben, dass ihre 
Gesetze für die Religion die Heuchelei vermehrt und ihre Gesetze 
zur Ermittelung der Wahrheit den Meineid befördert haben. Gerade 
auf dieselbe Weise hat jedes Land Schritte gethan, um den Wucher 
zu verhüten und den Zins vom Gelde niederzuhalten, und immer 
ist die Wirkung davon gewesen, den Wucher zu vermehren und 
den Zins in die Höhe zu treiben. Denn da kein Verbot, wenn es 
auch noch so strenge ist, das natürliche Verhaltniss zwischen Nach- 
frage und Angebot zerstören kann, so folgte, wenn Einer zu borgen 
und der Andere zu leihen wünschte, dass beide Theile sicherlich 
Mittel und Wege fanden, ein Gesetz zu umgehen, das sich in ihre 
gegenseitigen Rechte einmischt. H) Ueberliesse man es den beiden 
Parteien, ihren Handel ungestört zu machen, so Würde der Wucher 
von den Umständen des Anlehens abhängen, z. B. von dem Grade 
der Sicherheit und der Wahrscheinlichkeit des Wiederbezahlens. 
Aber dieses natürliche Uebereinkommen wird durch die Einmischung 
der Regierung verwickelt. 46) Da die immer eine gewisse Gefahr 
laufen, die dem Gesetze ungehorsam werden, so wird der Wucherer 
natürlich sein Geld nicht ausleihen wollen, wenn er nicht für die 
Gefahr entschädigt Wird, die ihm das Gesetz droht. Diese Ent- 
schädigung kann nur der gewähren, der von ihm borgt, und muss 
so in Wahrheit einen doppelten Zins zahlen, einen für die natür- 
liche Gefahr des Anlehens und den andern für die Gefahr, die durch 
das Gesetz hinzukommt. Und in diese Lage haben sich alle Euro- 
päischen Gesetzgebungen gebracht. Durch ihre Gesetze gegen den 
Wucher haben sie das vermehrt, was sie zerstören wollten; sie 
'15) "Lwbservaiion rigoureuse de ces loix seroit destructive de laut commerce; aussi 
ne saut-alles pas observäcs rigourczz-seanent." Mämoire sur les preis vfargcnt, sec. XIV, 
in Oeuvres de Turgot VI, 278, 279. Vergl. Rioardds Werks 178, 179 mit Uomioroel, 
Via de Turgot 53, 54, 228. 
46) Die Kirche hat dabei geholfen. Geistliche Ooncilien enthalten zahlreiche Be- 
stimmungen gegen den Wucher und 1179 befahl Papst Alexander, dass Wucherer 
kein Begräbniss bekommen sollten: „Wei1 fast überall das Verbrechen des Wuehers 
im Schwenge ist und viele die Geschäfte bei Seite setzen, um näwh Gefallen Wucher 
zu üben, und weil- sie sich nichts daraus machen, dass fast jede Seite des alten und 
neuen Testaments den Wucher verdammt, darum setzen wir fest, dass oifenbare 
Wucherer weder zum Abendmahl zugelassen werden, noch wenn sie in dieser Sünde 
sterben, ein christliches Begräbniss erhalten sollen." Reg. de Hoved. annal. in Rermn 
anglicarzovn seriptores post Bedam 335, Lond. 1596. In Spanien trat die Inquisition 
gegen den Wucher auf. Siehe Llorente, Hist. de Pmquisition I, 339. Vergl. Led- 
wich, Antiquities of Ireland 133.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.