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der
Einfluss
Religion,
von allem historischen Nachweis eine rein speculative Untersuchung
über den Ursprung der religiösen Meinungen anzustellenl") Und
so begann er in seiner Geschichte von England, statt zuerst die
Nachweise zu sammeln und dann Schlüsse daraus zu ziehen, mit
der Annahme, dass die Verhältnisse zwischen dem Volk und der
Regierung einer gewissen Ordnung unterworfen sein müssten
und die Thatsachen, welche dieser Annahme widersprachen, ver-
nachlässigte oder verdrehte erßß) Diese verschiedenen Schrift-
steller, so abweichend sie in ihren Principien und in den Gegen-
ständen ihres Studiums Waren, stimmten alle in ihrer Methode
überein, d. h. sie stimmten alle darin überein, die Wahrheit viel-
mehr durch das Ilerabsteigen als durch das Heraufsteigen zu er-
forschen. Die grosse scciale Wichtigkeit dieser Eigenthümlichkeit
Nationalreichthum dessen Irrthum, dass die Pacht ein Element des Preises sei, ent-
deckte; und so sieht man jetzt, dass Hume diese grosse Entdeckung zuerst gemacht
hat, obgleich Ricardo das Verdienst hat, sie bewiesen zu haben.
99) Die historischen Thatsachen darin sind blosse Erläuterung, wie jeder sehen
kann, der die Abhandlung in Humds Phitos. worlcs IV, 435-513 nachlesen will.
Es findet eine bedeutende Aehnlichkeit zwischen seinen Ansichten und den religiösen
Stufen in Comtds Philosophie positive statt; denn Hume's früheste Form des Polytheis-
mus ist offenbar die nämliche wie Comte's Fetischismus und beide glauben, daraus
sei später der Monotheismus als eine feinere Abstmction entstanden. Dass dies der
Weg war, den der menschliche Geist genommen, ist höchst wahrscheinlich und wird
durch die gelehrten Untersuchungen Grote's bestätigt, History of Greecc l, 462, 497,
V, 22. Die entgegengesetzte und populärere Ansicht, dass der Monotheismus dem
Polytheismus vorhergcgangen sei, war die der meisten bedeutenden Schriftsteller früherer
Zeit und wird auch jetzt noch von Manchen vertheidigt, unter andern von Dr. Whe-
well {Brtdgewatefs Treatisc 256), der sich ziemlich zuversichtlich ausspricht. Siehe
auch Letters from Warburton to Hu-rd 239, ThirlwalPs History of Greecc 1, 183 und
Kant, Kritik der reinen Vernunft, in seinen Werken II, 455, wo er von "einigen
Funken des Monotheismus" spricht.
93) Das heisst, er behandelt historische Thatsachen bloss als Erläuterung gewisser
allgemeiner Principien, welche nach seiner Meinung auch ohne die 'l'hatsachen hätten
bewiesen werden können, so dass Schlosser in der Geschichte des 18. Jahrhunderts II,
76 ganz richtig sagt: "Geschichte war für Hume nur eine Nebensache, nur ein Mittel,
seine Philosophie einzuführen." Wenn man bedenkt, wie wenig von den Principien,
welche die socialen und politischen Veränderungen bestimmen, bekannt ist, so leidet
es keinen Zweifel, dass Hume in der Anwendung seiner Methode voreilig war; aber
es ist unsinnig, die Methode unehrlich zu nennen, da die Absicht seiner Geschichte
nicht war, Schlüsse zu beweisen, sondern sie durch Beispiele zu erläutern und er
sich also für berechtigt hielt, seine Erläuterungen auszuwählen. lch führe nur seine
Ansichten an, ohne sie zu vertheidigezi; ja ich bin der Meinung, dass er in dieser
Hinsicht ernstlich im Unrecht war.