Hülfsqmlellen bei
der Geschichtsforschung.
dem fortgeschrittenen Zustande vergleichen, worin sich das Studium
der Natur befindet. Der Unterschied zwischen dem Fortschritt bei-
der Bestrebungen ist in der That so gross, dass, während in der
Natur die Gesetzmässigkeit der Begebenheiten und die Fähigkeit,
sie vorherzusagen, oft sogar ohne Beweis zugegeben wird, eine
ähnliche Gesetzmässigkeit in der Geschichte nicht nur nicht zuge-
geben, sondern geradezu geleugnet wird. Daher kommt es, dass
Jeder, der die Geschichte mit andern Zweigen der Wissenschaft
auf dieselbe Höhe erheben will, sogleich einem vorläufigen Hinder-
niss begegnet; denn es heisst, in menschlichen Dingen sei etwas
Geheimnissvolles und Providentielles, welches sie unserer Forschung
undurchdringlich mache und uns ihren künftigen Verlauf für immer
verbergen werde. Darauf brauchte man vielleicht nur zu erwidern,
dass eine solche Behauptung nicht bewiesen, dass sie ihrer Natur
nach keines Beweises fähig sei und dass ihr ausserdem eine ent-
schiedene Thatsache entgegenstehe, nämlich überall folgt sonst
einer wachsenden Erkenntniss das Zutrauen auf die Gleichformig-
keit, womit unter denselben Umständen dieselben Vorgänge auf-
einander folgen müssen. Es wird jedoch befriedigender sein, die
Schwierigkeit tiefer zu prüfen und sogleich den Grund des gemei-
nen Vorurtheils zu untersuchen, dass die Geschichte immer in
ihrem gegenwärtigen empirischen Zustande bleiben müsse und nie
zu dem Rang einer Wissenschaft erhoben werden könne. Wir wer-
den auf diese-Weise zu einer bedeutenden Frage geführt, die der
ganzen Sache zu Grunde liegt und einfach diese ist: Sind die
Handlungen der Menschen und folglich auch der Gesellschaft be-
stimmten Gesetzen unterworfen, oder sind sie das Ergebniss ent-
weder des Zufalls oder einer übernatürlichen Einwirkung? Die E1'-
örterung dieser Alternativen wird uns einige höchst interessante
Betrachtungen an die Hand geben.
Denn in dieser Sache giebt es zwei Ansichten, welche ver-
schiedene Bildungsstufen zu vertreten scheinen. Nach der ersten
bleibt jede Begebenheit für sich und vereinzelt, und bloss als das
Ergebniss eines blinden Zufalls zu betrachten. Diese Auffassung,
die einem völlig unwissenden Volke ganz natürlich ist, würde bald
durch die Ausdehnung der Erfahrung geschwächt werden, welche
die gleichmässige Folge und das gleichmässige Dasein in der Na-
tur fortwährend nachweist. Wenn z. B. wandernde Stämme, ohne
die geringste Färbung von Civilisation, nur von Jagd und Fischerei
lebten, so könnten sie wohl glauben, dass ihre Lebensbedürfnisse