Volltext: Geschichte der Civilisation in England (Bd. 1, Abth. 1)

Literatur 
und 
Staatsregierung. 
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hemmt. Dieser lllangel an Urtheil, diese Unkunde davon, was vor 
Allem ausgewählt zu werden verdiente, beraubt uns des Stoffes, 
der schon lange aufgehäuft, geordnet und für den künftigen Ge- 
brauch hätte angelegt sein sollen. In anderen grossen Wissens- 
zweigen ist die Beobachtung der Entdeckung vorangegangen; zuerst 
hat man die Thatsachen verzeichnet und dann ihre Gesetze ge- 
funden. Aber in der Geschichte des Menschen sind die wichtigen 
Thatsachen vernachlässigt und die unwichtigen aufbewahrt worden. 
Die Folge ist, dass jeder, der jetzt historische Erscheinungen auf 
den Begriff ziehen will, eben sowohl die Thatsachen zu sammeln, 
als ihre Verallgemeinerung zu vollziehen hat. Er findet nichts vor- 
bereitet und fertig. Er muss Maurer und Baumeister zugleich sein; 
er muss nicht nur den Riss des Gebäudes machen, er muss auch 
die Steine aus dem Bruch holen. Die Nothwendigkeit, diese dop- 
pelte Arbeit zu thun, häuft auf den Denker eine solche Last und 
Plage, dass die Länge seines Lebens zu seinem Werke nicht aus- 
reicht; und anstatt dass die Geschichte für vollständige und er- 
schöpfende allgemeine Begriffe reif sein sollte, ist sie noch in einem 
so unverdauten und formlosen Zustande ,'dass selbst der entschlos- 
senste und unausgesetzte Fleiss keinen Menschen zu befähigen ver- 
mag, die wirklich wichtigen Handlungen der Menschheit, wäre es 
auch nur in einer so kurzen Periode als zwei Jahrhunderte hinter- 
einander, zu begreifen. 
Darum habe ich meinen ursprünglichen Plan längst aufgegeben; 
mit Widerstreben habe ich mich entschlossen, nicht die Geschichte 
der (Zivilisation überhaupt, sondern die eines einzigen Volks zu 
schreiben. Während wir jedoch so das Feld unserer Untersuchung 
enger umschreiben, schneiden wir uns auch einen Theil der Quellen 
unserer Untersuchung ab. Denn obgleich es vollkommen richtig 
ist, dass die Totalität der menschlichen Handlungen, nach langen 
Zeiträumen betrachtet, von der Totalität des menschlichen Wissens 
abhängt, so muss man doch zugeben, dass dieser grosse Grundsatz, 
nur auf ein Land angewendet, einigermaassen von seinem ursprüng- 
lichen Werthe verliert. Je mehr wir unsere Beobachtungen ein- 
schränken, desto grösser wird durchschnittlich ihre Ungewissheit, 
mit anderen Worten, desto grösser wird die Möglichkeit, dass die 
Wirksamkeit der umfassenderen Gesetze durch die Wirksamkeit 
der untergeordneten gestört werde. Die Einmischung fremder Re- 
gierungen, der Einfluss, den die Gedanken, die Literatur, die Sitten 
eines fremden Volkes ausüben, seine Einfälle, vielleicht gar seine
	        
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