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Gesetze
bringt und womit es dafür diejenigen wieder erhält, die es nur
mit grossem Kostenaufwande erzeugen könnte, welche aber das
andere Volk Wegen der Geschicklichkeit seiner Arbeiter und der
Gunst seiner Natur billiger liefern kann. Hieraus folgte, dass es
aus dem merkantilischen Gesichtspunct eben so absurd sein Würde,
die Verarmung eines Volkes, mit dem Wir handeln, herbeizuführen,
als es für einen Kaufmann sein würde, den Banquerott eines reichen
und fleissigen Kunden zu wünschen. Die Folge war, dass der
Handelsgeist, der früher oft kriegerisch war, jetzt unwandelbar
friedlich ist") Und obgleich es seine vollkommene Richtigkeit
hat, dass von hundert Kaufleuten nicht einer mit den Gründen ver-
traut ist, worauf sich diese ökonomischen Entdeckungen gründen,
so hindert doch das die Wirkung nicht, welche diese Entdeckungen
auf seine Gesinnungen hervorbringen. Der Kaufmannsstand steht
wie jeder andere unter Einflüssen, welche nur wenige Mitglieder
desselben zu fassen im Stande sind. So sind z. B. unter all den
unzähligen Gegnern der Schutzzölle nur sehr wenige, die haltbare
Gründe für ihre Gegnerschaft anzugeben vermögen. Darum findet
ihr Widerstand nicht minder statt. Denn die ungeheure Mehrzahl
der Menschen folgt allemal mit völliger Unterwürtigkeit dem Geist
ihrer Zeit, und der Geist der Zeiten ist nur ihre Wissenschaft und
die Richtung, welche diese Wissenschaft nimmt. Wie im gewöhn-
lichen Leben Jedermann die Vermehrung seines Wohlstandes und
seiner allgemeinen Sicherheit dem Fortschritt von Künsten und
_ Wissenschaften verdankt, von denen er vielleicht nicht einmal die
Namen kennt, eben so geniesst der Handelsstand den Vortheil jener
grossen ökonomischen Entdeckungen, welche im Laufe zweier Ge-
nerationen schon eine vollständige Aenderung in der Handelsgesetz-
gebung unseres Vaterlandes hervorgebracht haben und jetzt langsam
aber stetig auf die übrigen Europäischen Staaten wirken, wo die
öffentliche Meinung weniger Macht hat und wo es also schwieriger
65) „Die Eifersucht der Kaufleute, die unter den Völkern herrschte, drängte Jahr-
hunderte lang allen Sinn für die gemeinschaftlichen Vortheile zurück, welche Handels-
völker ans ihrem gegenseitigen Gedeihen ziehen; und der Hanrlelsgeist, welcher jetzt
eins der stärksten Hindernisse für den Krieg ist, war in einer gewissen Periode der
Europäischen Geschichte ihre Hauptursache." Mill, Pol. econ. 1849, I1, 221. Diese
grosse Veränderung im Gemüthe der handeltreibenden Klassen begann erst mit dem
gegenwärtigen Jahrhundert und hat sich gewöhnlichen Beobachtern erst in den letzten
25 oder 30 Jahren gezeigt, ist aber vorhergesagt worden in einer merkwürdigen Stelle,
die Herde-r 1787 in den Ideen zur Geschichte etc. III, 292, 293 niedergeschrieben.