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Die
geistigen
Gesetze.
erscheinen wird, unter den thätigsten Urhebern dieser Grausam-
keiten finden wir die Namen der besten Männer, die je auf dem
Throne sassen, während die schlechtesten und verruchtesten Kaiser
gerade diejenigen waren, welche die Christen schonten und sich
um ihre Vermehrung nicht kümmerten. Die verdorbensten von
allen Kaisern waren ohne Zweifel Commodus und Heliogabalus,
und keiner von beiden verfolgte die neue Religion oder traf irgend
eine Maassregel gegen sie. Sie waren zu unbekümmert um die
Zukunft, zu selbstsüchtig, zu sehr in ihre ruchlosen Vergnügungen
vertieft, um sich etwas daraus zu machen, 0b Irrthum oder Wahr-
heit den Sieg davon trage; und da sie sich um die Wohlfahrt ihrer
Unterthanen nicht kümmerten, so war ihnen der Fortschritt einer
Religion gleichgültig, welche sie als Römische Kaiser für einen
verderblichen und gottlosen Wahn hätten ansehen müssen. Sie
liessen also dem Christenthum freien Lauf und hemmten es nicht
durch jene Strafgcsetze, welche gewissenhaftere, aber mehr im
Irrthum befangene Kaiser gewiss erlassen haben würden") Und
so finden wir, dass der grosse Feind des Christenthums Marous
Aurelius war, ein Mann von gütiger Gesinnung, von furchtloser,
unerschütterlieher Gewissenhaftigkeit, dessen Regierung aber durch
eine Verfolgung bemerkbar wurde, deren er sich enthalten haben
würde, wenn es ihm weniger Ernst gewesen wäre um die Religion
seiner Väterls) Zum Ueberiiuss können wir noch hinzufügen, dass
„Commodus' erstes Regierungsjahr ist die Epoche der Duldung. Nach allen
diesen Zeugnissen leidet es keinen Zweifel, dass Corumodus im ersten Jahr seiner
Regierung der Verfolgung ein Ende machte. Kein einziger Schriftsteller, ob Christ
oder nicht, behauptet, dass Coinrnodus die Christen verfolgt habe." rlloylfs Werks
ll, 266, Lond. 1726; Leiters conceming tlw ilmnelwivßg legzbn. "Auch Heliogabal, der
sonst der ruchloseste von allen Kaisern und vielleicht der verworfenste von allen
Sterblichen war, zeigte keine Erbitterung oder Abneigung gegen die Schüler Jesufß
Moslwim, Ecol. Mst. I, 66; siehe auch Milmavfs Hist. zf Okristiaoziiy, Lond. 1840,
II, 225.
'49) Dr. Milman sagt ebendaselbst 11, 159: "Ein tadelloser Schüler der strengsten
Morelphilosophie wetteifertc Marcus mit den Christen in Verachtung der Thorheiten
und Zerstreuungeu des Lebens; und doch wurde seine angeborene gütige Gemüthsart
durch die Strenge und den Stolz seiner Philosophie nicht verhärtet oder verbittert.
Aber das Christenthum fand in ihm einen geraden und hochsinnigen Mitbewerber um
die Herrschaft über den menschlichen Geist, nicht nur einen Nebenbuhler in der
Erhebung des Gcmüths zu höheren Gesichtspunkten und edleren Beweggründen, son-
dern auch einen heftigen und umluldsalncn Verfolger." Guizot vergleicht ihn mit
Ludwig IX. von Frankreich, und ohne Zweifel iiudet sich bei beiden ein entschiedener
Zusammenhang ihrer aufrichtigen Gesinnung und ihrer Verfolgungssueht: „Jl[arc Au-