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Gesetze.
geistigen
Die
weiblichen und die männlichen Geburten durchschnittlich ziemlich
gleich seien; aber bis ganz vor Kurzem konnte Niemand sagen,
0b sie vollkommen gleich oder wenn ungleich, auf welcher Seite
der Ueberschuss wäre?) Da die Geburten die natürliche Folge
natürlicher Voraussetzungen sind, so war es offenbar, dass die
Gesetze der Geburten in diesen Voraussetzungen liegen mussten,
d. h. dass die Ursache des Verhältnisses der Geschlechter in den
Aeltern selbst liegen müsseß) So entstand die Frage, 0b wir die
Schwierigkeit nicht durch unsere Kenntniss der Physiologie auf-
klären könnten; denn es schien einleuchtend: „da die Physiologie
die- Gesetze des Körpers erforschtß) und alle Geburten Producte
des Körpers sind, so werden wir die Gesetze der Geburten kennen,
wenn wir die des Körpers wissen." Dies war die Ansicht der
Physiologen über unseren Ursprung; 5) und dies ist ebenfalls die
9) Ueber diese Frage findet man bei den älteren Schriftstellern eine Menge wider-
streitender Angaben. Goodman im Anfange des 17. Jahrhunderts nahm an, dass mehr
Mädchen als Knaben geboren würden. Soutlwy etc. 696. Turgot (Oeuvres II, 24T)
sagt ganz richtig: es würden ein wenig mehr Knaben als Mädchen geboren. Aber die
Zeugnisse über die Thatsechen waren zu_ unvollständig, als dass dies mehr als eine
glückliche Vermuthung hätte sein können; und selbst Herder, der 1785 schrieb, nimmt
das Verhältniss als gleich an (Ideen II, 149) und einmal sagt er: „Ja die Nachrichten
mehrerer Reisenden machen es wahrscheinlich, dass in manchen dieser Gegenden wirk-
lich mehr Töchter als Söhne geboren werden."
3) Man hat die Frage aufgeworfen, welchen Einfluss der Gemüthszustund während
des Zustandes der geschlechtlichen Aufregung haben möge. Vnn welcher Art er aber
auch sein mag, er kann die auf ihn folgende Geburt nur unter physischen Voraus-
Setzungen beeinflussen, welche jedenfalls als die nächste Ursache anzusehen sind. Wenn
es daher bewiesen wäre, dass der Einfluss existirte, so würden wir uns nach physi-
schen Gesetzen umzusehen haben, obgleich sie natürlich nur als secnndär und von
einer höheren allgemeinen Bestimmung abhängig betrachtet werden könnten.
4) Einige behandeln die Physiologie als die Wissenschaft von den Gesetzen des
Lebens. Nach der gegenwärtigen Sachlage ein viel zu kühner Schritt. Verschiedene
Wissenszwcige werden erst aus ihrem jetzigen empirischen Zustande herauszurgiggen
sein, bevor die Erscheinungen des Lebens wissenschaftlich erforscht werden können.
Das Verständigste möchte sein, Physiologie und Anatomie als sich ergänzend zu be-
trachten, so dass die erstere den dynamischen, die zweite den statischen Theil der
Wissenschaft von dem Bau des Organismus bilde.
5) „Voulez vous savoir de quoi dejmnd Ze sexe des enfdnta? Iernel vom räpond,
sm- la foi des anciens, qu'il dfpend des qualites de Za semenee du pere et de la wäre."
Renoum-d, Histoire de la medeeine, Paris 1846, II, 106. Siehe auch 185 die Meinung
von Hippocrates, die Galen angenommen, und ähnliche Ansichten in Lepelletier,
Physiol. mädicale IV, 332 und Sprengel, Hist. de la medecine I, 252, 310, II, 115,