Volltext: Geschichte der Civilisation in England (Bd. 1, Abth. 1)

Prüfung 
der Metaphysiker. 
der Methode 
141 
Aus diesen Gründen, denke ich, müssen wir zu der Ansicht 
gelangen, Metaphysiker sind nothwendig und durch die Natur ihrer 
Forschung in zwei sich gänzlich widerstreitende Schulen getheilt, 
deren verhältnissmässige Wahrheit sich nicht ermitteln lässt; ferner 
haben sie nur wenig Mittel und brauchen diese nach einer Methode, 
wonach nie eine andere Wissenschaft entwickelt worden ist; wir 
dürfen daher nicht erwarten, dass sie uns etwas an die Hand 
geben sollten, wodurch wir die grossen Probleme lösen könnten, 
welche die Geschichte des menschlichen Geistes uns aufgiebt. Und 
wer sich die Mühe nehmen will, den gegenwärtigen Zustand der 
(englischen) Geistesphilosophie (mental philosoplzy, Psychologie) un- 
parteiisch zu beurtheilen, wird zugeben, obgleich sie immer auf 
einige der mächtigsten Geister einen Einfluss ausgeübt und durch 
sie die Gesellschaft in weiten Kreisen beherrscht hat, so giebt es 
doch keine andere Wissenschaft, welche mit solchem Eifer betrie- 
ben und so erfolglos geblieben ist. In keinem anderen Wissens- 
zweige ist eine solche Bewegung und ein so geringer Fortschritt 
gesehen worden. Männer von hervorstechendem Geist und von 
der ehrlichsten Absicht sind seit Jahrhunderten in jedem civilisiiten 
Lande mit metaphysischen Untersuchungen beschäftigt gewesen; 
und dennoch sind in diesem Augenblick ihre Systeme so weit da- 
von entfernt, sich der Wahrheit zu nähern, dass sie sich vielmehr 
mit einer Schnelligkeit von einander entfernen, die sich mit dem 
Fortschritt der Wissenschaften nur zu steigern scheint. Die un- 
aufhörliche Plifersueht der feindlichen Schulen, die Heftigkeit ihrer 
Vertheidiger und die aussehliessliche unphilosophische Zuversicht, 
womit jede Schule ihre Methode behauptet hat  Alles dies hat 
das Studium des Geistes in eine Verwirrung gestürzt, welcher nur 
die gleich kommt, worin das Studium der Religion durch die Strei- 
tigkeiten der Theologen gestürzt werden") Die Folge ist, dass, 
mit Ausnahme einiger Gesetze über Ideenassociation und etwa der 
L 
1') Berkeley, in einem aufrichtigen Augenblick, bekennt, ohne es zu merken, 
einen Umstand, der dem Ruf seiner Bestrebungen nicht eben günstig ist: „Im Ganzen 
bin ich geneigt zu glauben, dass bei weitem der grössere Theil, wenn nicht alle 
unsere Schwierigkeiten, welche uns Philosophen bisher behindert und den Weg zur 
Wissenschaft versperrt haben, ganz und gar unsere eigene Schuld sind, dass wir erst 
einen Staub aufgestört haben und dann beklagen, wir könnten nicht sehen." Princi- 
Plus qf lnmum knawledge, Berkelegfs Werks I, 74. Jeder Metaphysiker und Theologe 
sollte diesen Ausspruch auswendig lemen: "Dass wir erst einen Staub aufgcstört 
haben und uns dann beklagen, wir könnten nicht sehen."
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.