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Prüfung der Methode
der
Metaphysiker.
zu verstehen, die aussere Welt zu unserem ersten Studium machen
müssen, weil sie die Menschen mehr, als die Menschen sie beein-
flusst. Wenn wir hingegen die Geschichte eines Landes wie Frank-
reich und England verstehen lernen wollen, müssen wir den Men-
sehen zu unserem Hauptstudium machen, denn die Natur ist ver-
haltnissmässig schwach und so hat jeder Schritt in der grossen
Entwickelung die Herrschaft des menschlichen Geistes über die
Mächte der Aussenwelt verstärkt. Selbst in den Ländern, wo die
Macht des Menschen ihren höchsten Punkt erreicht hat, ist der
Druck der Natur noch gewaltig; er vermindert sich aber mit jeder
Generation, denn unsere wachsende Kenntniss setzt uns in den
Stand nicht sowohl die Natur zu beherrschen, als ihre Bewegungen
vorherzusehen- und so manches Unheil zu vermeiden, welches sie
sonst anrichten würde. Wie erfolgreich unsere Bemühungen ge-
wesen sind, erhellt aus der Thatsache, dass die durchschnittliche
Lebensdauer immer länger wird und die Anzahl der unvermeid-
lichen Gefahren geringer; und um so merkwürdiger ist dies, da
die Wissbegierde des Menschen kühner und ihre gegenseitige Be-
rührung viel genauer geworden ist als in irgend einer früheren
Periode, und so finden wir, Während scheinbare Gefahren sich
vermehrt haben, dass sich die wirklichen im Ganzen vermindert
haben!)
Wenn wir also die Geschichte von Europa ganz im Allgemeinen
nehmen und nur die erste Ursache seiner Ueberlegenheit über die"
anderen Welttheile in Betracht ziehen, so müssen wir diese die
Ueberwältigung der organischen und unorganischen Kräfte der Natur
durch den Geist des Menschen nennen. Dieser sind alle anderen
Ursachen untergeordnet; i) denn wir haben gesehen, wo die Natur-
4) Diese Verminderung von Unglücksfällen ist gewiss eine von den Ursachen, ob-
gleich eine unbedeutende, der verlängerten Lebensdauer; aber die wirksamste Ursache
ist eine allgemeine Verbesserung des natürlichen Zustandes des Menschen. S. Brodids
Lectures an patkolagy und suryery 212, und als Beweis, dass civilisirte Menschen
stärker sind als uncivilisirte, siehe Quetelet, Sur Fhonwne II, 67, 272; Lawrenceäs
Lemwßs (m man 275, 276; Ellis, Polynesiaaz researches I, 98; Wlmialajfs Lccturgg
an political ßßonomy 59; Journal of statistical soc. XVLI, 32, 33; Dufau, Traitä de
staiisiigue 107; Hawki-ns, Mcdical stutistics 232..
i) Die allgemeinen socialen Folgen hiervon werde ich später in Betracht ziehen;
aber die bloss ökonomischen sind sehr gut ausgedrückt in Hill's Princzples of polit.
economy II, 246-247: „Von den Zügen, welche diese fortschreitende ökonomische
Bewegung eivilisirter Völker charaktcrisiren, erregt zuerst unsere Aufmerksamkeit durch
ihre innige Verbindung mit den Erscheinungen der Production die beständige und so