der Naturgesetze.
Einfiuss
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gelassen wurde und dass der reine Verstand niemals hinlängliche
Beachtung fand. Aber die grosse Thatsache bleibt stehen, dass
die Griechische Literatur die erste ist, in welcher diesem Mangel
einigermaassen abgeholfen wurde und in der zuerst ein entschiede-
ner und systematischer Versuch gemacht wurde, alle Meinungen
auf ihre Uebereinstimmung mit der menschlichen Vernunft zu prü-
fen und so dem Menschen das Recht zu sichern, Gegenstände, die
von höchster unberechenbarer Wichtigkeit für ihn sind, selbst zu
beurtheilen.
Ich habe Indien und Griechenland zu unserem Vergleiche ge-
wählt, weil unsere Kenntniss von diesen beiden Ländern am voll-
ständigsten ist und sich am sorgfältigsten vorbereitet findet. Aber
Alles, was wir von anderen tropischen Oulturländern wissen, be-
stätigt die aufgestellten Ansichten über die Wirkungen der Natur-
erseheinungen. In Central-Amerika sind bedeutende Ausgrabungen
gemacht worden, und was ans Licht gefördert werden, zeigt, dass
die Volksreligion, wie die von Indien, ein vollständiges und un-
mässiges Schreckenssystemgn) war. Weder dort, noch in Mexiko
oder Peru oder Aegypten wollte das Volk seine Gottheiten in mensch-
licher Gestalt darstellen oder ihnen menschliche Attribute beilegen.
Selbst ihre Tempel sind ungeheure Bauwerke, oft mit grossem Ge-
schick gebaut, aber auch mit dem unverkennbaren Wunsche, das
Gcmüth mit Furcht zu erfüllen; und sie bieten einen auffallenden
Gegensatz zu den leichteren und schöneren Gebäuden, welche den
Griechen zu religiösen Zwecken dienten. So sehen wir selbst im
Baustyl dieselben Principien in (Phätigkeit. Die Gefahren des tropi-
schen Klima's geben mehr das Unendliche an die Hand, Während
die Sicherheit des Europäischen Culturlandes eher das Endliche
hervorhob. Um die Folgen dieses grossen Gegensatzes weiter aus-
zuführen, müsste man den Zusammenhang des Unendlichen, des
Phantastischen, des Synthetischen und der Deduction näher er-
zur Wissenschaft geebnet." Ebenso Sprengel, Geschichte der Medicin I, 215. Uober
den Unterschied des Orientalischen und Europäischen Geistes s. Matter, Hist. du gnosti-
visme I, 18, 233, 234. Kant, Logik, Werke I, 350.
au) So scheint mit Einem der Götzen zu Copan „die Absicht des Bildhauers ge-
wesen zu sein, Schrecken zu erregen." Stephemf Oentral America I, 152. S. 159:
nDiQ gebräuchlichste Bildung war ein Todtenkopf." Zu Mayapan III, 133, "scheint
der Künstler alle seine Geschicklichkeit auf Darstellung menschlicher Figuren oder
Thiere mit scheusslichen Zügen und einem grünlichen Ausdruck verwendet zu haben"
und ebenso S. 412: "unnatürliche und groteske Gesichter."