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der Naturgesetze.
Einßuss
schaften, einen menschlichen Beruf und menschlichen Geschmackß 3 1)
Die Asiatischen Menschen, denen jeder Naturgegenstand Ehrfurcht
einflösste, Wurden von der Gewohnheit der Unterwürfigkeit so er-
füllt, dass sie es nie wagten, ihre eigenen Handlungen mit denen
der Götter gleichzustellen. Die Europäischen Menschen, crmuthigt
durch die Sicherheit und Trägheit der Aussenwelt, fürchteten sich
nicht, den Vergleich anzustellen, wovor sie zurückgeschreckt sein
würden, wenn sie inmitten der Gefahren eines tropischen Landes
gelebt hätten. Darum sind die Griechischen Götter von denen der
Hindus so verschieden, dass wir bei dem Vergleich beider von
einer Welt in eine ganz andere zu treten scheinen. Die Griechen
zogen ihre Beobachtungen vom menschlichen Geiste ab und wandten
sie dann auf die Götter auf") Die Kälte der Frauen wurde in
Diana, ihre Schönheit und Sinnlichkeit in Venus, ihr Stolz in Juno,
ihre weiblichen Tugenden in Minerva dargestellt. Eben so wurde
es mit dem gewöhnlichen Beruf der Götter gehalten. Neptun war
ein Schiffer, Vulkan ein Schmied, Apollo manchmal ein Spielmann,
manchmal ein Dichter, manchmal ein Rinderhirt. Cupido war ein
muthwilliger Knabe, der mit seinem Pfeil und Bogen spielte, Ju-
piter ein verliebter gutherziger König, während Merkur durchein-
ander als ein treuer Bote und als ein gemeiner bekannter Dieb
dargestellt wird.
234) "In dem materialistischen Polytheismus der anderen Hauptvölker des Alter-
thums, z. B. der Aegypter, verkörperte sich die Gottheit vornehmlich, wenn nicht
ausschliesslich, in Thiere, Ungeheuer oder andere phantastische Embleme. In Griechen-
land dagegen folgte es fast mit Nothwendigkeit aus dem Geist und der Grazie, Womit
die Götter in menschlicher Gestalt dargestellt wurden, dass sie auch menschliche In-
teressen und Leidenschaften haben mussten. Der Olymp wie die Erde hatte seine
Höfe und Paläste, seine Handwerke und seine Berufsgeschäfte, seine Heirathen, Lie-
besgeschichten und Ehescheidungen." Jllztreäs Hist. of the lit. of ancient Greece I,
471, 472. Und 'l'ennemann (Gesch. der Plzilos. III, 419) sagt; "Diese Götter haben
Menschengestalt einen menschlichen Körper und sind als Menschen auch denselben
Unvollkommenheiten, Krankheiten und dem Tode unterworfen; dieses streitet mit dem
Begriffe," nämlich Epicurs. Grote, Hist. af Greece I, 596. „Das mythische Zeitalter
war mit einem Gemisch von Göttern, Heroen und Menschen bevölkert, welches so in
einander läuft, dass es oft unmöglich wurde zu unterscheiden, zu welcher Klasse ein
besonderer Name gehört." Darüber beklagt sich auch Xenoplzrmes bei Müller, Gescb.
der Griechischen Literatur, S. 251.
13') Dasselbe gilt von der Schönheit der Gestalt, die sie erst in den Statuen von
Menschen zu eneichen suchten und dann auf die Götterbilder anwandten. Dies ist
gut auseinandergesetzt in Grotefs wichtigem Werk History of Greece IV, 133, 134,
cd. 1847.