der Naturgesetze.
Einfluss
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ist roth, um ihren unersättlichen Blutdurst anzuzeigen. Sie hat vier
Arme und führt in einem den Schädel eines Riesen; die Zunge
hängt ihr aus dem Munde, ihren Gürtel umschlingen die Hände
ihrer Opfer und ihr Hals ist mit Mcnschenköpfen geziert, die an
einem entsetzlichen Halsbande aufgereiht sindß")
Wenden wir uns nun nach Griechenland, so finden wir selbst
in der Kindheit seiner Religion nicht die leiseste Spur von etwas
Aehnlichem. In Griechenland waren der Ursachen des Schreckens
Wenigere, sein Ausdruck daher auch weniger gewöhnlich. Die
Griechen waren keineswegs aufgelegt in ihrer Religion diese Ge-
fühle der Furcht einzuführen, die den Hindus so natürlich sind.
Die Richtung der Asiatischen Civilisation war, den Abstand zwi-
schen dem Menschen und ihren Gottheiten zu erweitern; die der
Griechischen Bildung war, diesen Abstand zu verengen. So hatten
alle Götter in Hindostan etwas Ungeheures an sich, W ischnu vier
Hände, Brahma fünf Köpfe und so fortß") Die Griechischen
Götter dagegen wurden immer unter ganz menschlichen Formen
vorgestelltßß") Kein Griechischer Künstler würde beachtet worden
sein, der es gewagt hatte, sie anders abzubilden. Er konnte sie
stärker und schöner machen, aber sie mussten immer noch Men-
schen sein. Diese Menschlichkeit der Götter in der religiösen Vor-
stellung der Griechen würde die Vorstellung der Hindus aufge-
hoben haben.
Dieser Verschiedenheit in dem künstlerischen Ausdruck beider
Religionen folgte genau dieselbe Verschiedenheit in ihren theologi-
schen Ueberlieferungen. In den Indischen Büchern erschöpft sich
die Phantasie in Erzählung der Götterthaten, und je olfenbarer die
Unmöglichkeit derselben, desto grösser die Befriedigung, sie den
Göttern zuzuschreiben. Die Griechischen Götter hingegen hatten
nicht nur menschliche Gestalt, sondern auch menschliche Eigen-
93) Ueber diese Attribute und Darstellungen von Schiwa. und Doorga s. Rhnde,
Religiöse Bildung der Hindus 11, 241; Colemavfs Mytkol. of the Hindus 63, 92;
Bohlen I, 207; TVardYs Relig. of tlße Himl. I, p. XXVII, 27, 145; Iläwmsac. of sac,
vf Bombay I, 215, 221; über ein vermuthliches Bild des Mahadeo ist ein interessanter
ßericht Joum. Asiatique, I. sörie, I, 354, Paris 1822.
i") Ward, On the rcl. I, 35; Transac. of soc. of Bombay I, 223; Anm. in dem
Dabistan II, 202.
230) Elphinstoneäw Eistory of Indiu 96, 97. S. auch Erskine, On the lemple gf
Elephanta in Transao. of soc. of Bombay I, 246, und das Dabistan I, p. OXI.