der Naturgesetze.
Einfluss
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tasie auf Kosten des Verstandes heben. Dies gilt so allgemein,
dass in allen Welttheilen das gemeine Volk dem Eingreifen der
Gottheit die Krankheiten zuschreibt, Welche besonders verderblich
sind und vornehmlich die, welche lalötzlich und imerklärlich auf-
treten. In Europa, pflegte man zu glauben, dass jede Pest eine
Heimsuchung des göttlichen Zornes sei; '02) und obgleich dieser
Glaube schon lange im Abnehmen ist, so hat er doch keineswegs
Selbst in den gebildetsten Völkern gänzlich aufgehörtß") Solcher
Lil-
m?) Im 1G. Jahrhundert, sagt Sprengel (Hist. de Za mädcaine 111, 112) habe man
dies aus der Bibel citirt, und im Mittelalter glaubte man, dass der Aussatz unmittel-
bar von Gott verhängt sei. 11, 372, 145, 346, 431. Bischof Heber sagt, die Hin-
dus nehmen den Aussätzigcn ihre Kaste und das Recht Eigenthum zu besitzen, weil
sie Gegenstände des göttlichen Zornes wären. Jou-Irney tlzrough India 11, 330. Ueber
die jüdische Auffassung s. Ile Olere, Bibliolltäque zmivors. IV, 402, Amstrd. 1702.
Uöber die frühen Christen Maury, Lfgendes pieuses, 68; obgleich er es den orienta-
lischen Ideen, die das Ohristenthum aufgenommen, zuschrciht, was einen viel umfas-
senderen Grund hat.
903) Unter dem Einfluss der Erfahrungsphilosophie ist die theologische Theorie
Von der Krankheit vor der Mitte des 17. Jahrhunderts merklich geschwächt worden;
Und in der Mitte oder doch in der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts hat sie all
ihre Anhänger unter den Männern der Wissenschaft verloren. Jetzt schleicht sie noch
im gemeinen Volk hin; in den Schriften des Clerus und anderer, die von der Natur
keine Kenntnisse haben, mögen sich Spuren davon finden. Als die Cholera in Eng-
land ausbrach, wurden Versuche gemacht, die alte Lehre wieder ins Leben zu rufen;
sie scheiterten am Zeitgeist, und man wird sicher nicht zu einem solchen Glauben
zurückkehren, wenn man nicht vorher zu seiner früheren Unwissenheit zurückgekehrt
ist. Wie die Cholera Gedanken erregte, die mit wissenschaftlicher Forschung im
Widerstreit stehen, das belegt ein Brief von Frau Grant von 1832. Sie war eine
Dame von einiger Bildung und nicht ohne Einüuss. In ihrer Cforrespondence, Lond.
1844, III, 216, 217 sagt sie: "Es scheint mir eine nicht geringe Vermessenheit der
Leute, sich so sehr der Forschung und den Vcrmuthungen über eine Krankheit hin-
zugeben, die so augenscheinlich eine ganz besondere Heimsuchung und von allen
Leiden, die man bisher gekannt, so verschieden ist." Dieser Wunsch, die mensch-
liche Forschung zu beschränken, ist gerade die Stimmung, welche Europa S0 1111159 in
der Finsterniss erhalten hat. Boyle's Zweifel. über diesen Punkt geben ein merkwür-
diges Beispiel des Uebergangszustandes, den der Geist im 17. Jahrhundert dlwchmaßllte
und der die grosse befreiende Bewegung der folgenden Periode vorbereitete. Boyle
Stellt die Frage von beiden äeiten, von der theologischen und von der wissenschaft-
lichen, und fügt dann hinzu: "und es ist um so weniger wahrscheinlich, dass diese
allgemeinen und ansteckenden Krankheiten immer zur Strafe der Gvttlosell verhängt
sein sollten, als ich mich erinnere bei verlässlichen Autoren 50165911 zu haben, dass
einige Pestarten Thicre und Menschen, andere vornehmlich Thiere und solche Thiere,
die dem Menschen wenig nützen, als Katzen u. dergl-i hinlaüitenfl
"Aus diesen und anderen Gründen habe ich manchmal vcrmuthet, dass in dem
Streit über den Ursprung der Pest, ob er ein natürlicher oder iibcmatürlicher sei,