Der
Styl.
gothische
des
ebenfalls reich an gothischen Monumenten, brachte dem Wesen des
Styles das geringste Verständniss entgegen.
Der Styl beginnt in Frankreich in den sechziger Jahren
des zwölften Jahrhunderts, in Deutschland mit dem dreizehnten und
währt bis ins fünfzehnte, an einzelnen Orten bis ins sechzehnte Jahr-
hundert.
dem Wesen
So verschiedenartig die gothischen Bauten nach Grösse, Material,
decorativer Durchbildung u. s. w. sind, tritt doch bei Allen eine
gleichartige Tendenz nach der constructiven Seite ein, welche für
den Styl besonders charakteristisch wird. Die Ueberdeckung des
Raumes ist fast durchweg mit Kreuzgewölben, das heisst solchen
aus Rippen und eingespannten Kappen, ausgeführt. Druck und Schub
der Gewölbe werden durch die Rippen auf die Pfeiler übertragen.
Die Wandpfeiler erhalten Verstärkungen (Strebepfeiler), welche nach
dem Aeusseren der Kirche verlegt, coulissenartig gestellt sind und
die ganze Höhe der Umfassungsmauer hinaufreichen. Zwischen
diesen Pfeilern sind die Wände nur als verschliessende Füllungen
gemauert, oder sie werden durch Fenster vollständig ersetzt. Die
ganze bauliche constructive Masse besteht nur aus einem auf das
geringste zulässige Mass reducirten Gerippe von Bautheilen, zwischen
welchen alles Andere nur leichtes Füllwerk ist. Die Mauern verlieren
ihre constructive Bedeutung, ebenso wie auch die Gewölbekappen
schon in der Spätzeit des romanischen Styles nur leichte Füllungen
zwischen den Rippen und Gurten waren, beide haben nur mehr den
Charakter verschliessender Theile, welche in das eigentlich c0n-
structive Gerüste als solche eingefügt sind. Das ganze System ist
einzig und allein aus dem Steinbau hervorgegangen und bezeichnet
die äusserste Consequenz in der Durchbildung desselben, es prägt
sich aber auch in dieser letzten Consequenz der Gegensatz gegen
das auf viel einfacherer und naturgemässer Grundlage fussende
Bausystem des griechischen Tempels aus, das ebenfalls vollständig
aus den Bedingungen der Steinconstruction hervorging. Während
im griechischen Bau der Gegensatz zwischen Tragen und Lasten
durch die Säulen und Gebälkarchitektur zum Ausdrucke kam, so
dass senkrechtes und horizontales Lineament der Hauptsache nach
diese verschiedenen Bestimmungen und Leistungen der Structurtheile
charakterisirte, verschwindet hier das Letztere immer mehr und
macht dem Ausdrucke ungestörten Emporstrebens durch das völlige
Vorherrschen des verticalen Lineamentes Platz. Am meisten ist
dies namentlich in der deutschen Gothik der Fall, welche auch