Volltext: Styl-Lehre der architektonischen Formen des Mittelalters (Bd. 2)

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gothische 
Der 
Umrahmungen der Portale, in den Tabernakeln der Strebepfeiler 
und an den Pfeilern im Inneren der Kirche Verwendung und 
vollendeten den vollen Ausdruck der Bestimmung des Baues. Der 
gedankliche Inhalt der Darstellung tritt hierbei viel deutlicher und 
verständlicher zu Tage, als dies bei den romanischen iiguralen 
Sculpturen der Fall War. In den seltensten Fällen wird die Figur 
ins Ornament verwebt, sondern sie behält ihre selbständige Be- 
deutung und fügt sich nur in ihrem ganzen formalen Habitus dem 
Wesen des Styles an. Fig. 113. 
Nur an einer Stelle des Baues wird die thierische und mensch- 
liche Figur in grottesker phantastischer Umbildung verwerthet. Es 
ist dies an den Wasserabläufen des Hauptgesimses oder ähnlicher 
Theile der Fall. Die sogenannten Wasserspeier, im griechischen 
Fia H4 und römischen Style in 
b"  Form von Thierköpfen 
 gebildet, werden hier zu 
i, axwßk" dmh"  i,   weit vortretenden oder 
(KW. i:      vielmehr vorhängenden 
"i"       Mill,  Gestalten, in deren for- 
 " lll-w- faxe maler Ausbildung die 
7- freieste Phantasie, ge- 
 l paart mit Witz und 
     Satire, sich geltend ma- 
  Gothischer XVasserspeier. chen Fig- x14- 
 Endlich wird nament- 
lich im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderte der ganze Formen- 
apparat des gothischen Styles, ganz ohne Rücksicht auf seine ur- 
sprüngliche constructive Ableitung und Bedeutung, ins Ornament 
übertragen. Strebepfeiler und Strebebögen, Masswerk und Stab- 
Werk, Giebel, Fialen und Kreuzblumen werden zur Decoration von 
kleineren Bautheilen, Grabmonumenten, Kanzeln, Geräthen, Gefassen 
verwerthet und vollständig ornamental umgebildet, wobei besonders 
künstliche Durchdringungen und Durchschneidungen des Stabwerkes, 
ja Umbildung desselben im naturalistischen Sinne als Nachbildung 
von Astwerk, Krümmung der Fialen u. s. w. beliebt sind. Fig. 115. 
Alle Formen des gothischen Styles sind in erster Linie auf 
plastische Ausführung berechnet, doch schliesst dies die Bemalung 
derselben im Inneren der Kirchen keineswegs aus, im Gegentheile 
lassen die an verschiedenen Objecten erhaltenen Spuren der Be- 
malung den sicheren Schluss zu, dass die Polychromirung aller Theile
	        
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