X20
Der
Styl
der
französischen
Renaissance.
Von der Schlossanlage verschieden ist die Anlage des
Manoir (Fig. 73).
Im Mittelalter bezeichnete man mit diesem Namen die
Schlösser der Lehensherren. Sie durften nicht vollständig be-
festigt, nicht mit Wassergraben, Iliürmen, Donjons im Sinne
des eigentlichen Schlosses versehen werden. In der Renaissance
überträgt sich diese Bezeichnung aufjagdhätiser und Villen, welche
von den Königen oder Grossen zu kürzerem Aufenthalte bestimmt
waren. Sie entbehren ebenfalls der Befestigungen oder wenigstens
des Scheinapparates einer solchen, wie er beim Renaissanceschloss
vorhanden war.
Den" Dimensionen nach viel kleiner als die früheren grup-
pirten sie sich nicht um einen Hof, sondern nahmen die Form
eines einflüglichen Gebäudes an, das mitten im Garten gelegen,
sich nach allen Seiten öffnete. Das Innere ordnet sich in der
Regel um einen oder mehrere grosse Versammlungsräume und
zeigt auch hier die berechnetste Vertheilung der einzelnen Räume,
mit Rücksicht auf bequemen Verkehr und regelmässige Form
der ganzen Anlage.
Der Aufbau des Schlosses oder Manoirs der Frührenaissance
(Fig. 74) ist von der mittelalterlichen Form wesentlich beein-
flusst, besonders hier hielt mit der Anlage des Ganzen auch die
Aussenarchitektur durch lange Zeit und vielmehr als in Italien
an der mittelalterlich-gothischen Gliederung fest. Die Formen
der Antike werden nur-ganz äusserlich verwerthet, ohne selbst
auf den hergebrachten, der Antike entgegengesetzten Rhythmus
der Erscheinung einen wesentlichen Einfluss zu üben.
Der Pilaster- und Gebälkbau tritt nicht in seine ursprüng-
liche Bedeutung ein, er muss sich auch jetzt der vorherrschenden
Vertikalentwickluilg der Architektur fügten, bekommt demnach
einen neuen wesentlich veränderten Charakter, der zu einer be-
zeichnenden Eigenthümlichkeit der französischen Fruhrenaissance
führte. Mit der nicht regelmässigen Anlage des Innern geht auch
die Bildung des Aeussern Hand in Hand. Die Gleichmässigkeit
der Fenstervertheilung und der Massenanordnung ist hier selten
angestrebt, dagegen tritt das Streben nach Gruppirung mass-
gebend hervor. Für den Charakter des Aeusseren ist ausserdem
die ebenfalls aus dem Mittelalter herübergebrachte Vorliebe für
hohe steile Dächer von Bedeutung. Das jetzt sichtbare Dach
muss auch eine entsprechende Ausbildung erfahren, es wird in