100
Der
Styl
italienischen
Renaissance.
Die Bedeutung des Ornaments im Zusammenhange mit der
Architektur als Ausdruck Statischer Verrichtungen, ist nur dort
erhalten, wo ganze Architekturtheile mit ihren Gesimsen, Kymatien,
Capitellen, Basen aus der Antike in die neue Weise, mehr oder
weniger verändert, übergiengen. Das Ornament ist hier, wie diess
schon in der Antike der Fall war, weniger frei und reich in der
Verwerthung der Motive gebildet und daher auch für den Styl
wenig charakteristisch. Nur das Säulen- und Pilastercapitell der
Frührenaissance nimmt in seiner vielfältigen Ausbildung eine
ganz selbstständige Stellung ein.
Die wichtigsten Orte für das Renaissance-Ornament sind die
umrahmten Flächen verschiedenster Form (Fig. 62). Das Orna-
ment tritt darin durch die Gesetze der Symmetrie, der organischen
Entwicklung und der abgewogenen, aber nicht tcppichmässigen
Vertheilung gebunden, in ein enges Abhängigkeitsverhältniss zu
der zu schmückenden Fläche, mehr von der Form der Letzteren
als von dem Wesen des Architekturtheils bestimmt. Der Durch-
bildtlng der umrahmten Fläche folgt auch die Durchbildtmg des
Rahmenwerks.
Der Scheinorganismus von Rahmen und Umrahmtcm in der
Architektur, der schon zum Theil im Mittelalter in Italien besonders
cultivirt wurde, bekommt jetzt seine entsprechende Belebung
durch das, für jede decorative Ausdrucksweise entsprechende
Ornament. Der Ausdruck entspricht aber mehr einer allgemeinen
Stimmung, einer Belebung der einzelnen Theile und des Ganzen,
ohne präcise Scheidung und Betonung der, in der Structur vor-
handenen, einander entgegengesetzten, Kräfte. Die Gegensätze
sind nicht so scharf zum Ausdrucke gekommen, wie diess in der
Antike für die Bezeichnung der tragenden und lastenden Theile,
der Stütze und Decke der Fall war.
Den grössten Einfluss auf das Ornament übte die volle Be-
herrschung der für die Darstellung desselben gewählten Technik.
Die verschiedensten Materialien und Techniken wurden heran-
gezogen. Sie bestimmten die Form in so ferne, als den Eigen-
thümlichkeiten derselben Rechnung getragen wurde und der
Reiz des Materials, bei richtiger Verwerthung, zum Reize der
Form beitragen konnte. Nicht jedes Material schuf einen ihm
eigenthümlichen Styl, aber gewisse zwingende Bedingungen, die
sich aus Material und Technik ergaben, führten auch in der