Seit Mengs' Erfolgen war hinsichtlich des Kunstbetriebs ein Um-
schwung auch insoferne eingetreten, als das Schwergewicht wieder
auf die Plistorienmalerei fiel. Die Bildnisskunst erfreute sich neben-
bei des gewohnten Betriebs, vermochte sich jedoch nicht so gründ-
lich wie die Monumentalkunst der niederländischen wie der fran-
zösischen Einflüsse zu entschlagen, was selbst bei den Historien-
malern, wenn sie Bildnisse schufen, auffällt. Der hervorragendste
Vertreter der Porträtmalerei dieser Zeit ist unbedenklich A. Graf)"
aus Winterthur ("t 1813 zu Dresden, wo er lange gewirkt), ein
Künstler, der die Nachahmung van Dyk's wenigstens mit frischer
Beobachtungsgabe zu verbinden wusste. Genre und Stillleben hielten
sich zumeist "noch in den Bahnen nicht blos des Studiums nach
älteren iliederliindisclmen Vorbildern, sondern geradezu der Nach-
ahmung der einen oder anderen je nach laereclmtigter Wahl oder
Laune bevorzugten Künstlererscheinung. Nur in der Landschaft
regte sich auch ein neuer Geist, der sogar von vielfach gestmderen
Principien ausging als die illengsfsche Historiemnalerei. Nachdem
man lange genug den Niederländern, wie den französischen Meistern
der Landschaft nachgetretelm war, fand man nemlieh endlich den
Muth, wieder zur unmittelbaren Natur selbst zurückzukehren, statt
sie lediglich durch die Brillen und Tinten älterer Meister zu sehen
und sich zurecht zu legen. YVenn auch schon früher die Land-
schaftsmaler sich gelegentlich bemüht hatten, Studien nach der Na-
tur zu machen, so warfen sie doch, wenn es zur Ausführung der
Gemälde selbst kam, die bei jenen Studien gemachten Erfahrungen
fast unbenutzt wieder über Bord, um zur herrschenden Manier und
zu den gleichsam canonischen Nlferken der Claudds und anderer
Meister zurückzukehren, wie diess Hackertf) an dem geschickten
französischen Landschafter D. Boguet rügt. Dieser Verkehrtheit
traten in geschlossener Reihe zuerst die Schweizer Landschaftsmaler
entgegen, wohl angeregt durch die alles Künstlerische weit über-
bietenden Effekte ihrer einheimischen Natur, deren Formen allein es
kaum möglich machten, lediglich in den Schuhen der älteren Vor-
bilder zu wandeln. Nach dem Vorgange des J. L. Aberli aus Bern
("l 1786), der den Reigen der Alpenlandschafter eröffnete und des
U. Wolf aus Muri (t 1798), der erst Sturmbilder und dann Gletscher-
Goethe
V01
1806.