springe und wie es wahrhaft fruchtbar gemacht werden könne, "so
liess er vorläufig den Acker, dessen Unkraut er auszuroden bestrebt
war, unangebaut zurück. Kein iVunder, dass der Pflüger, der nicht
zu säen verstand, manchmal sogar selbst den Samen des beseitigten
Gestrüppes wieder in die Furchen warf und seine Arbeit als eine
halbmisslungene abbrechen musste. Manches anscheinend gute Samen-
korn aber trieb taube Aehren, weil der Kern desselben der schönen
Aussenseite nicht entsprach. Er hatte Alles gelernt, was zu lernen
war, mit scharfbliekenciem Verstande, wie seine Abhandlungent),
deren Sätze zum "Fheil selbst noch in der heutigen Aesthetik ihre
Geltung habentt), beweisen, seine Thittigkeit auch durch entsprechende
Theorien geregelt, aber die Künstlerseelc, der Gott in der eigenen
Brust fehlte, um ihn über das Gegebene und verstandesgemäss Be-
rechnete hinaus zu erheben und das eigene künstlerische Individuum
zum Durchbrüche kommen zu lassen.
Eine Schule hatte lilengs ZWüP nicht; dafür um so mehr Schüler,
die sich nach seinen Grundsätzen, seinem Beispiel, seinen schriftlichen
wie gelegentlichen mündlichen Unterweisungen richteten. Sein System
war wie gemacht für akademischen Unterricht und in Kurzem blühte
der mengsische Eklekticismus an allen Pflanzstätten der Kunst, vor-
nehmlich in Deutschland. Es konnte diess um so leichter geschehen,
als nach seinen allenthalben verbreiteten Theorien der Unterricht
reformirt werden konnte, ohne dass es des unmittelbaren Einflusses
seines künstlerischen Wirkens bedurfte. Man brauchte nur seine
Lehren mit seinen fast beispiellosen Erfolgen zusammenzuhalten, um
die gleichwohl trügerische Ueberzeugung zu gewinnen, dass er den
Schlüssel gefunden, mit welchem man eine neue Aera eröffnen zu
können wähnte. Ueberdiess war das Nachahmen ohnediess seit
einiger Zeit an vielen Orten an die Stelle zeitgemiisser und traditio-
neller Prociuction getreten, so dass der Fingerzeig nach den nach-
ahmensiverthesten Vorbildern, wie ihn Liengs gegeben, nicht leicht
zu übersehen gewesen Wäre.
Huldigte aber er selbst nicht consequent, sondern mehr stück-
weise und abwechselnd seinem eklektischen Programme, so konnte
7) IlIengs, Opere pubblic. da. G. N. Azam. Parma 1780. II. Ediz. Bassano
1783. III. Ediz. emend. da C. Fea. Roma 1789, übersetzt ins Spanische (1797),
Französische (1796), Englische (1796), Deutsche von Prange (1786).
H) Z. B. seine Anschauungen über das Naturschöne und ldealschöne.